CO2-Ziele

Amazons „The Climate Pledge“: Warum solche Initiativen oft problematisch sind

Trotz aller Bemühungen verursacht Amazon jedes Jahr noch mehr CO2 – ganz einfach aufgrund des starken Wachstums © Unsplash
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Mit „The Climate Pledge“ verspricht der Online-Shopping-Gigant Amazon, bis 2040 klimaneutral zu wirtschaften und holt auch andere Großkonzerne mit an Bord. „10 Jahre früher als das Pariser Abkommen“, wirbt die Website der Initiative. Gemeint ist jenes internationale Abkommen, zu dem sich 2015 ursprünglich 195 Staaten verpflichtet hatten – mit dem Ziel, die Erderhitzung bis 2100 unter 2 Grad Celsius zu halten, wenn möglich unter 1,5 Grad Celsius.

Viele dieser Staaten haben seither nationale Ziele festgelegt, darunter auch die Klimaneutralität bis 2050 oder 2040. Die USA hatte noch vor dem offiziellen Inkrafttreten unter Präsident Donald Trump bekannt gegeben, aus dem Abkommen wieder auszutreten. Mittlerweile will der nächste Präsident, Joe Biden, wieder beitreten, aber vielleicht bildeten sich gerade deshalb in den USA privatwirtschaftliche Initiativen wie „The Climate Pledge“. Umweltschützer sind allerdings skeptisch: Ist das nicht nur Marketing oder gar Greenwashing?

Intransparenz bei Details

„Grundsätzlich ist das natürlich zu begrüßen, auch wenn der Hauptaspekt sicher Image und Kommunikation sind“, sagt Martin Wildenberg von Global 2000 im Gespräch mit Tech & Nature. Allerdings: „Solche Initiativen sind oft intransparent und auch hier bleibt ein wenig unklar, was die teilnehmenden Unternehmen konkret an Maßnahmen setzen“. Mehr als 30 große Unternehmen wie Siemens, Henkel, Microsoft oder auch Mercedes Benz haben sich der Initiative bisher angeschlossen. Auf der Website ist eine Zeitleiste zu sehen, auf der Beitritte und bereits erreichte oder zukünftige Leistungen im Klimaschutz zu sehen sind. So ist dort zum Beispiel nachzulesen, wie Henkel und andere Unternehmen auf erneuerbare Energie setzen.

Maßnahmen hat sich auch Amazon im Rahmen von „The Climate Pledge“ verordnet. Beispielsweise soll die Flotte an E-Autos ausgebaut werden. 1.800 Elektro-Lieferwagen kauft Amazon für Europa an, bis 2030 soll die E-Auto-Flotte auf 100.000 Fahrzeuge anwachsen. Eine durchaus beeindruckende Zahl. Allerdings, relativiert Wildenberg, dürfe man nicht vergessen, dass es sich meist um Maßnahmen handle, die „nicht wehtun“. Und für diese „low hanging fruits“ nehme Amazon zwar sehr viel Geld in die Hand – gemessen am Gewinn sei die Summe aber nicht so groß.

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Reporting nicht vollständig standardisiert

Abgesehen von Maßnahmen, ist aber auch das Ziel selbst problematisch. „Klimaneutral“ bedeutet bilanziell mehr CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen, als das Unternehmen oder etwa ein Land verursacht. Dazu muss man zunächst wissen, wieviel CO2 verursacht wird. Dazu gibt es zwar Reporting-Standards, an die halten sich aber nicht alle Unternehmen – auch nicht Amazon. Laut Nachhaltigkeitsbericht von Amazon setze das Unternehmen zwar die CO2-Grenzen nach der entsprechenden ISO-Norm, berechne dann aber den eigenen Ausstoß nicht nach dieser Norm, so Wildenberg. Immerhin verpflichtet „The Climate Pledge“ zu datenbasiertem Reporting nach gewissen Standards – welche das sind, wird Teilnehmern aber offen gelassen.

CO2, das nicht durch bestimmte Maßnahmen vermieden wird, wird durch Investitionen in Klimaschutzprojekte kompensiert. „Klimaneutralität erreicht man in der Regel über Offsetting“, bestätigt Wildenberg. Am bekanntesten sind in diesem Bereich Investments in Aufforstungsprojekte, also das Pflanzen von Bäumen. 100 Millionen Dollar will Amazon in das Pflanzen von Bäumen investieren. Offsetting ist aber nicht unumstritten: „Man kann kaum garantieren, dass dieses CO2 tatsächlich langfristig gebunden ist“, gibt der Experte von Global 2000 zu bedenken.

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Absoluter CO2-Ausstoß steigt

Zu guter letzt bleibt noch, dass Initiativen wie „The Climate Pledge“ manchmal von der Realität ablenken. „Den absoluten CO2-Ausstoß hat Amazon bisher nicht gesenkt“, so Wildenberg. Der CO2-Ausstoß sinkt lediglich im Verhältnis zum Umsatz, was bedeutet, dass die Effizienz steigt. Mit anderen Worten: Der CO2-Ausstoß steigt, weil Amazon einen starken Wachstumskurs fährt. Das ist bei allen Klimaschutz-Bemühungen auch jener Punkt, der Umweltschützern sauer aufstößt: „Amazon ist ein Unternehmen, das für mehr Konsum steht, dabei brauchen wir weniger“, meint Wildenberg.

Händler an Schlüsselposition

Grundsätzlich sei es aber sehr zu begrüßen, wenn Großunternehmen wie Amazon klimafreundliche Maßnahmen setzen, denn: Amazon verursache zwei Drittel der Emissionen der Schweiz, sitze also an einem sehr großen Hebel. „Die haben echt Verantwortung“, formuliert es Wildenberg. Zudem dürfe man nicht vergessen, dass der Handel grundsätzlich an einer Schlüsselposition sitze. Der Handel beeinflusst nicht nur Kaufentscheidungen von Kunden, sondern kann – insbesondere bei einer Marktstellung von Amazon – auch Druck auf Produzenten ausüben, klimafreundlichere Produkte anzubieten.

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