Kommentar

Klimabonus: Ab aufs Land und ein Hoch auf den Diesel

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Klimabonus sorgt für Frustration @Milan Petki/ pexels
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Ich bin eine von Tausenden, welche sich bei der Bekanntgabe der Verteilung des Klimabonus nicht gesehen fühlen. Ich wohne in Wien, besitze kein Auto und achte im Alltag sehr auf ein klimabewusstes Leben. Aber an einem Punkt kann ich nichts ändern. Der Gastherme in meinem Flur. Neben dem aus ehemaligen Holzfischerbooten recycelten Schuhkastl und angrenzend an das Fenster zur Terrasse, auf welcher bewusst Pflanzen gesät wurden, welche die städtische Biodiversität steigern, hängt sie. Ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Bei der Suche nach einem passenden Gasanbieter, fiel die Entscheidung auf das Unternehmen, welches 2o Prozent Biogasanteil verspricht. Das ist bereits das Maximum und auch entsprechend teurer.

Ach, Heizen wird auch teurer?

Die Irritationen rund um die Anfang der Woche verkündete Verteilung des Klimabonus spiegeln sich somit auch in meinem Gemüt. Denn ich wohne in der einzigen österreichischen Destination, welche lediglich die Mindestsumme des Klimabonus bekommen soll. Das zeigt zumindest der erste veröffentlichte Entwurf der Statistik Austria.

  1. Stufe: 100 Euro (Wien)
  2. Stufe: 133 Euro, z.B. Linz (OÖ), Innsbruck (Tirol) und Graz (Steiermark)
  3. Stufe: 167 Euro, z.B. Amstetten (Niederösterreich) und Villach (Kärnten)
  4. Stufe: 200 Euro, z.B. Feldkirchen (Kärnten) und Spiss (Tirol)

Steuerreform: 500 Mio. Euro für weniger Emissionen im Gebäudesektor

Laut der entsprechenden Pressemitteilung zur ökosozialen Steuerreform wird die Staffelung des Klimabonus mit einem Regionalausgleich begründet: „Je weiter die Alltagswege sind und je weniger Öffentlicher Verkehr in der jeweiligen Gemeinde angeboten wird, umso höher der Ausgleich.“ Mit dem Klimabonus sollen alle Einnahmen aus der ab ersten Juli 2022 geltenden CO2-Steuer wieder an die Österreicher:innen zurückgezahlt werden. Diese wirkt sich aber sowohl auf den Bereich Verkehr, als auch auf die Heizkosten aus. Für Haushalte bedeutet das, dass auch die Energiekosten steigen. Laut einer Analyse der österreichischen Denkfabrik Momentum im Sommer 2021 zahlt ein durchschnittlicher Haushalt bei einem CO2-Preis von 30 Euro pro Jahr etwa 140 Euro mehr für Benzin, Diesel, Heizöl, Kohle und Gas. APA-Berechnungen auf Basis der Erdgasverbrauchsstatistik kamen auf einen Anstieg des CO2-Preises für einen durchschnittlichen Haushalt um 90 Euro pro Jahr. Derzeit heizen noch knapp 500.000 Haushalte in Österreich mit Heizöl oder Flüssiggas. Laut der Statistik Austria heizen in Wien die Hälfte aller Einwohner:innen weiterhin mit Gas – und können daran auch wenig ändern.

Schön klingende „Sauber-Heizen-Offensive“

Da hilft auch die in der Steuerreform umfasste “Sauber-Heizen-Offensive” in Höhe von 500 Millionen Euro wenig. Davon fließen 180 Millionen Euro in das Förderbudget für den Ausstieg aus Öl und Gas. Bis zu 7.500 Euro sollen private Haushalte künftig erhalten, wenn sie ihre Heizung tauschen. Weitere 180 Millionen Euro sollen steuerliche Anreize für den Heizkesseltausch oder die Sanierung bestehender Heizsysteme schaffen. Für einkommensschwache Haushalte werden zusätzlich 80 Millionen Euro für den Tausch von Heizkesseln bereitgestellt. In einem Mietshaus liegt die Entscheidung über den Wechsel des Heizsystems aber bei dem/der Vermieter:in. Diese sollen durch das in der Reform umfasste Förderpaket für die thermische Sanierung mehrgeschossiger Wohnbauten in Höhe von 80 Millionen Euro zu entsprechenden Umbauten animiert werden. Aber eben auch erst ab 2022.

Steuerreform setzt CO2-Preis bei 30 Euro ab 1. Juli 2022 fest

Frustration vorprogrammiert

Während somit die Heizkosten steigen, bleiben andere klimaschädliche Subventionen oder Förderungen, wie das Dieselprivileg und die Pendlerpauschale bestehen. Das führt zu Frustrationen. Und diese sind gefährlich. Während bereits verschiedene Klimaforschende dargelegt haben, dass mit einer CO2-Bepreisung von 30 Euro pro Tonne CO2 mit gestaffeltem Anstieg von 55 Euro pro Tonne C02 bis 2025 keine sogenannte Klimahebelwirkung zu erwarten ist, könnte dieser Klimabonus nun noch ganz andere Signale ausstrahlen. Wenn sowieso jede/r – egal ob nun SUV-Fahrer:in oder autarke Aussteiger:in – den gleichen Bonus erhält – wozu dann all die Mühe? Natürlich ist die Klimakrise ein allgegenwärtiges Problem, welche nicht weniger priorisiert werden sollte, wegen 33 Euro, 67 Euro oder eben 100 Euro mehr im Geldbörsel. Doch die Klimakrise, obwohl die Folgen immer offensichtlicher werden, ist für viele immer noch zu abstrakt und zeitlich schwer einschätzbar. Dieser Klimabonus ist es hingegen nicht. Das Gefühl der unfairen Behandlung bleibt – auch bei mir. Mit Blick auf die Gasrechnung und der unförmigen Therme im Flur. Ich werde deswegen nicht meine Lebensweise ändern, nicht das Recyceln aufgegeben, nicht das recycelte Schuhkastl gegen ein Plastikprodukt austauschen. Trotzdem bleibt das ungute Gefühl.

Laut Mitteilung am Montag ist die finale Version zum Klimabonus-Verteilung noch ausständig. Ein wenig Anpassung wäre wünschenswert. Nicht unbedingt wegen ein paar Euro mehr oder weniger in der Brieftasche. Sondern wegen der Gewissheit, auch gesehen zu werden.

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