Wenige Gründerinnen

Nachgefragt: Braucht es bei Startup-Förderungen eine „Frauenquote“ ?

©Tech & Nature
©Tech & Nature

Am 08. März  ist der internationale Frauentag. Grund genug, einen Blick auf die Diversität der deutschsprachigen Gründerszene werfen. Dabei wird eine klare Tendenz deutlich: Gründerinnen sind weiterhin in der Minderzahl. In Deutschland lag der Anteil der Gründerinnen 2020 bei 15, 7 Prozent, so die Ergebnisse des aktuellen Female Founders Monitor. In Österreich liegt der Anteil der Gründerinnen ein wenig höher. So wurden laut dem letztem Austrian Startup Monitor 18 Prozent der Startups 2019 von Frauen gegründet.

Auch bei den Finanzmitteln wird ein Unterschied zwischen den Geschlechtern deutlich. Gemäß des Female Founders Monitor  haben 5,2 Prozent der weiblich geführten Startups Investitionen über eine Million generieren können. Bei männlich geführten Startups waren es 27,8 Prozent.

Wie könnte sich der Frauenanteil also steigern lassen? Die deutsche Digital-Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) forderte kürzlich bei einem Clubhaus Talk die Einführung einer „Frauenquote“ bei Startup-Förderungen. Was halten Österreichs und Deutschlands Gründerinnen von der Idee? Wir haben nachgefragt.

 

Katharina Schneider, CEO Mediashop & Miteigentümerin der Schneider Holding

Katharina Schneider. © Lisa-Maria Trauer
Katharina Schneider. © Lisa-Maria Trauer
„Ich persönlich bin der Meinung, dass eine Frauenquote ein künstlich geschaffenes Tool zur Hebung des Frauenanteils ist, das in Wahrheit noch diskriminierender wirkt, weil es bedeuten würde dass Frauen nur durch eine Quotenregelung etwas erreichen und nicht durch deren Tätigkeit. Wesentlich wichtiger finde ich jedoch,
wenn wir Frauen stärken und ihnen Mut geben sich selbst zu verwirklichen und ihre Träume umzusetzen. Vielen Frauen fehlt nur noch ein wenig mehr Selbstvertrauen um den Schritt in das Unternehmertum zu gehen.
Zu viele Ängste beherrschen die Entscheidungen von richtig tollen Frauen mit grandiosen Ideen und genau hier sollten wir ansetzen.“

 

Magdalena Hauser
CEO Parity Quantum Computing

Magdalena Hauser. © I.E.C.T.
Magdalena Hauser. © I.E.C.T.

„Zur Frauenförderung: So ein ähnliches Konzept gibt es ja auch bei den EIC Accelerator Grants, wo sie einen bestimmten Anteil an frauengeführte Unternehmen ausschütten. Ich denke, es würde helfen, dass Frauen, die eh schon in Startups oder Unternehmen arbeiten, die „gläserne Decke“ überwinden können, weil es auf einmal von Vorteil ist, dass sie sich in der C-Level Position befinden. Eventuell denken dann auch Founder nach, sich nach Frauen als Co-Founder umzusehen. Ich sehe es natürlich auch ein bisschen als zweischneidiges Schwert, dass wir immer wie eine gefährdete Spezies behandelt werden, aber auf der anderen Seite hat es die Vergangenheit ja gezeigt, dass die Einführung von Quoten zu mehr Frauen in Spitzenpositionen geführt hat. Damit scheint das derzeit zumindest ein gutes Mittel zu sein. Und je mehr Frauen auf solchen Positionen sitzen, desto mehr Role Models gibt es und hoffentlich wird es dann irgendwann Normalität.“

 

Elke Pichler
Co-Founder & CEO Impactory

Elke Pichler ©Impactory
Elke Pichler ©Impactory

Mehr Unterstützung des Staats für weibliche Gründerinnen in Form von Steuererleichterungen, Zuschüssen oder Förderungen könnten den Zugang zum Gründen für Frauen erleichtern. „Female Founder“ und „Social Business“ sind meist keine Check-Boxen auf Wunschlisten von Investoren. Bei Förderungen sieht die ganze Sache zum Glück häufig etwas anders aus. Es gibt dennoch noch große Potenziale in der Unterstützung von female-led Startups.

Social Startups sind Unternehmen, die für unsere Gesellschaft einen großen Mehrwert leisten können – nicht nur für VC’s. Häufig werden diese von Frauen gegründet. Um nicht wieder zu diskrimnieren, würde ich daher diesen Parameter anwenden. Ich würde hier im ersten Schritt mit Incentivierungen arbeiten – wie Steuererleichterungen – natürlich auch für Investments in diese Unternehmen. Nachdem Social Startup immer noch häufig recht wage ist, könnte ich mir die SDG als Maßstab vorstellen.“

 

Christina Niederl
Geschäftsführerin Hofschneider Dirndln

Christina und Stefanie Niederl haben "Hofschneider Dirndln" gegründet © Hofschneider Dirndln
Christina und Stefanie Niederl haben „Hofschneider Dirndln“ gegründet © Hofschneider Dirndln

„Gerade der Beginn eines Unternehmens stellt Gründerinnen und Gründer vor große finanzielle Hürden. Eine Frauenquote bei Förderungen könnte meiner Meinung nach ein wesentlicher Faktor für den Anstieg der Gründerinnenanzahlen im Land bedeuten.“

 

Sophie Chung
Gründerin & CEO von Qunomedical

Dr. Sophie Chung
Dr. Sophie Chung ©hypr agency

„Gesellschaftlicher Wandel kann durch politische Maßnahmen ausgelöst und vorangetrieben werden, deshalb befürworte ich eine Quote. Überall dort, wo kein Bias – explizit oder implizit – ausgeschlossen werden kann, müssen wir sie einführen, um Machtverhältnisse, Denk- und Verhaltensmuster aufzubrechen. Wir können von denjenigen, die das aktuelle System der Ungleichbehandlung erschaffen haben und davon profitieren, nicht erwarten, dass sie an der Situation freiwillig etwas ändern. Auch ohne eine Quote würde es irgendwann mehr Gründerinnen geben, aber sie ist der Katalysator, mit dem wir das Ziel schneller erreichen.“

 

Mimi Sewalski
Geschäftsführerin Avocado Store

Mimi Sewalski ©Avocado Store
Mimi Sewalski ©Avocado Store
„Prinzipiell bin ich beim Thema Frauenquote immer hin- und hergerissen. Natürlich wäre es schöner, wenn wir sie nicht brauchen. Aber da es ohne Frauenquote in den letzten Jahren eben nicht gut funktioniert hat, sollten wir es einfach ausprobieren!“

Karolina Kartus
Co-Founder Social Held

Karolina Kartus und Aga Król haben Social Held gegründet © Social Held
Karolina Kartus (rechts) und Aga Król haben Social Held gegründet © Social Held

„Ich bin ein großer Fan von data-driven decisions. Inspiriert durch die Forschung von Caroline Criado-Perez, Autorin von „Invisible Woman“ & basierend auf den Daten, die es aus verschiedenen Branchen gibt, in denen Quoten eingeführt wurden, sehen wir, dass Geschlechterquoten nicht zu einer Überförderung von Frauen führen, sondern “inkompetente” Männer herausfiltern. Meiner Meinung nach ist es wert mit Frauenquoten im Bereich Förderungen und Start Ups zu experimentieren. Aber das kann andere Maßnahmen nicht ersetzen, insbesondere solche, die versuchen, die Ursachen der Gender Inequality zu bekämpfen.“

 

Anna Iarotska
Co-Founder & CEO Robo Wunderkind

Das Robo-Wunderkind-Team: Yuriy Levin, Anna Iarotska und Rustem Akishbekov. © Robo Wunderkind
Das Robo-Wunderkind-Team: Yuriy Levin, Anna Iarotska und Rustem Akishbekov. © Robo Wunderkind

„Die Frage nach einer Frauenquote ist gleich auch eine Frage der Repräsentanz: Männerteams bekamen 2020 90,8 Prozent des Kapitals (State of European Tech). Nicht mal 20% der Gründer in Deutschland und Österreich sind Frauen (Female Founders Monitor 2020). Daher befinden wir uns derzeit in einem Teufelskreis: Nur wenige Frauen gründen Unternehmen, weswegen auch nur wenige Frauen eine Finanzierung erhalten.

Meistens müssen Frauen ihre Idee rein männlichen Investoren erklären, die (wie jede*r andere auch) durch einen “unconscious bias” beeinflusst werden und weiterhin in das ihnen bekannte Model des (weißen) männlichen Gründers als Erfolgsquelle investieren. Weil nur die wenigsten Gründerinnen die Hürden des Netzwerks, der Ressourcen und der Familienvereinbarkeit überwinden, sehen wir auch ständig die gleichen Frauen als Repräsentanten aller Gründerinnen. Das spornt die nächste Generation an Gründerinnen nicht an, weil sie nicht genug Vorbilder zu Gesicht kriegen. So sind wir wieder am gleichen Punkt angelangt. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, brauchen wir eine Frauenquote, um mehr Gründerinnen den Weg zu ebenen.“

 

Daniela Buchmayr
CEO & Co-Founder Sarcura

© Sarcura

„Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass Gender Diversität im Management einer Firma deren Profitabilität deutlich erhöhen. Es ist aber wissenschaftlich auch gut belegt, dass vor allem beim Deal Sourcing und Pitch der vorherrschende Gender Bias männliche Gründer klar bevorzugt- wenig verwunderlich bei einer ausgeprägten Männerdominanz im Investorenbereich. Deshalb sollten gerade staatliche Förderstellen sowohl im Sinne von besseren Erfolgsaussichten diverser Gründungsteams als auch aus dem Wunsch heraus einen Satus Quo zu ändern klare Diversity Ziele definieren. Wenn mehr weibliche Gründer das erklärte Ziel ist, ist in der Fördermittelvergabe anhand einer Geschlechterquote ein sinnvoller KPI.“

Lisa Fassl,
Female Founders

Das Team von Female Founders. © Female Founders
Das Team von Female Founders. © Female Founders

„Hättest du mich vor einigen Jahren gefragt, was ich zu Frauenquote denke, hätte ich klar gesagt, dass ich sie für unnötig halte. Mittlerweile hat sich meine Meinung dazu gedreht: Wir diskutieren – sei es im Startup Bereich oder bei Aufsichtsräten oder Vorständen – in Wirklichkeit seit Jahrzehnten die Vorteile & positiven Effekte von Geschlechterparität, hunderte von Studien liefern den Beweis dafür. Aber Hand aufs Herz: Es hat sich wenig bis gar nichts geändert. Und offensichtlich helfen Mentoringprogramme, Role Models und Netzwerkevents allein nicht um hier (schneller) voranzukommen. Man könnte also sagen, das ist ein klassischer Fall von Marktversagen, weshalb eine staatliche Intervention passieren muss. Wie die genau aussehen kann und wie eine Quote gerade in diesem Bereich effektiv umgesetzt werden kann, ist aktuell die Gretchenfrage.“

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