WKO-Präsident Harald Mahrer: „Der Trend zum Unternehmertum hält an“
Die Wirtschaftskammer Österreich lud heute Vormittag in Person von WKO-Präsident Harald Mahrer und Christiane Holzinger, Bundesvorsitzende der Jungen Wirtschaft, zum Pressegespräch ein. Das Motto: „Der Gründerboom hält an“. Die präsentierten Zahlen klingen tatsächlich vielversprechend. Gerade beim Regierungsprogramm – und damit der Umsetzung der Ankündigungen – gibt es aber noch einige Fragezeichen.
Laut Harald Mahrer hält der Trend zum Unternehmertum weiterhin an. 2019 gab es 32.386 Neugründungen, das sind um 4,8 Prozent mehr, als noch 2018. Seit 2014 konnte bei den Neugründungen jedes Jahr eine Steigerung verzeichnet werden. Die beliebteste Branche ist Gewerbe und Handwerk (39,3 Prozent der Neugründungen), gefolgt vom Handel (27,7 Prozent) und Information und Consulting mit 19,2 Prozent. „Vitalität ist in allen Branchen da“, zeigt sich Mahrer durchaus zufrieden.
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Fast 50 Prozent weibliche Gründer
Das gilt auch für die weiblichen Gründer: 45,5 Prozent der Neugründungen 2019 wurden von Frauen betrieben, laut Mahrer „der höchste Anteil, den wir je hatten“. Auch langfristig scheinen sich die Gründerinnen und Gründer etablieren zu können. Nach fünf Jahren sind immer noch zwei Drittel (sieben von zehn Unternehmen) am Markt tätig. Damit belege man EU-weit den dritten Platz.
Warum wird gegründet? Laut Harald Mahrer vorwiegend, weil der Wunsch besteht, sein eigener Chef zu sein. Das trifft bei 71 Prozent der Neugründungen zu, gefolgt vom Wunsch nach einer flexiblen Zeit- und Lebensgestaltung. 65,1 Prozent wollen die Verantwortung, die sie als Angestellter zu tragen haben, in das eigene Unternehmen einbringen. „Vor allem Punkt Nummer drei freut uns sehr“, erklärte Mahrer im Rahmen der Pressekonferenz, das sei eine „gute Botschaft“.
Neue Gesellschaftsform geplant
Das gelte auch für die österreichische Volkswirtschaft. Pro Gründung werden 2,7 Arbeitsplätze direkt geschaffen, durch Beratungen und weitere Unterstützungen schafft jede Gründung im Schnitt sogar 6,2 Arbeitsplätze. „Das sind sehr gute Nachrichten für die österreichische Volkswirtschaft“, erklärt Mahrer. Das durchschnittliche Alter der GründerInnen liegt laut WKO bei 37 Jahren, „über die Jahre hinweg ein super konstanter Wert“. 76,1 Prozent seien klassische Einzelunternehmen, 13,3 Prozent GmbHs. Glaubt man dem Regierungsprogramm, könnte es aber bald auch eine neue Gesellschaftsform geben. Er selbst habe beim Regierungsprogramm mitgearbeitet, erklärt Mahrer auf Nachfrage, man müsse sich nun anschauen, „was die beste Form ist“. Es gebe auch gesamteuropäische Ideen und müsse darum noch abwarten: „Wir wollen uns nicht abkoppeln.“
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Forderungen der Jungen Wirtschaft
Christiane Holzinger von der Jungen Wirtschaft wiederholte ihre Forderung nach einer raschen Umsetzung der Ankündigungen im Regierungsprogramm. Man erwarte sich viel. Sie lobt die Ausweitung des Gewinnfreibetrages, die Prüfung der Mindest-Körperschaftssteuer, die geplanten Steuersenkungen und die Möglichkeit, Mitarbeiter am Unternehmen zu beteiligen und damit Steuern zu sparen.
Auch die geplante Erhöhung der Grenze für geringwertiger Wirtschaftsgüter sieht sie positiv, ebenso wie die Senkung des Stammkapitals für GmbHs. Langjährige Forderungen der JW würden nun endlich in Angriff genommen. „Zukunftsangst ist kein Thema bei unserer GründerInnen“, das freue Holzinger sehr. Trending Topcis hatte bereits letzte Woche die Chance, im Rahmen der Pressekonferenz der Jungen Wirtschaft, den Ausführungen der Bundesvorsitzenden zu lauschen.
Keine Stigmatisierung
Die „Kultur der zweiten Chance“ ist ebenfalls im Regierungsprogramm angeführt. Was das genau bedeutet? „Dieser Punkt ist mir besonders wichtig“, erläuterte Harald Mahrer, wer mutig ist und Neues ausprobieren möchte, solle das auch „weiter versuchen“ dürfen. Zwar will er Missbrauch durch Serientäter vermeiden, eine mögliche zweite Gründung nach einer Insolvenz soll aber jedenfalls erleichtert werden. „Wir wollen sicherstellen, dass die Stigmatisierung nicht weiter passiert“, erklärt Mahrer den Hintergedanken. Wer in Österreich scheitert, „hat einen Stempel am Kopf“, der sei stigmatisiert, das Vertauen sei weg. Diese Thema sei den Grünen bei den Regierungsverhandlungen genauso wichtig gewesen wie der ÖVP.
Das Gründerservice der WKO hat 2019 44.800 Beratungen durchgeführt. Mahrer: „Wir haben einen sehr hohen Schnitt an Unternehmern, die nach der Beratung durch die WKO gründen“. Die österreichische Wirtschaft profitiere „vom Mut und der Kreativität der heimischen Gründer und Gründerinnen“.