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KlimaFarm: Wiederbenässte Moore sollen Klima retten

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In Mooren gibt es viel Wasser und wenig Sauerstoff im Boden. Das sorgt dafür, dass abgestorbene Pflanzenteile sich dort nicht zersetzen können. Dadurch lagern sich die pflanzlichen Überreste am Gewässerboden ab und bilden den sogenannten Torf. Durch dieser nur teilweise stattfindende Verrottung, wird das sonst freigesetzte CO2 der abgestorbenen Pflanzen im Boden gespeichert.

Dies passiert in Deutschland bereits seit der letzten Eiszeit. Dadurch hat sich reichlich CO2 angesammelt: Laut einer Veröffentlichung des Umweltbundesamtes binden die Moorböden über 500 Tonnen Kohlenstoff je Hektar in Deutschland.

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Moore als Emissionsquelle

Doch diese Eigenschaft ist gefährdet. Bereits seit Jahrhunderten legen die Menschen Moore trocken, um den nährstoffhaltigen Boden für die Landwirtschaft zu nutzen.

Dadurch wirken unsere Moorböden allerdings  in der Emissionsbilanz schon lange nicht mehr als Senke. Im Gegenteil: im „Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft“-Sektor (LULUCF-Sektor) sind sie die größte Emissionsquelle. Obwohl 2019 nur fünf Prozent der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche Moorböden waren, verursachten diese Treibhausgas-Emissionen von 42 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent, so das Umweltbundesamt.

Auf der anderen Seite speichern jedoch intakte Moore 30 Prozent der erdgebundenen Kohlenstoffe, obwohl sie nur drei Prozent der Erdoberfläche ausmachen, so der Naturschutzbund. Um sie in dieser Aufgabe wieder zu stärken und gleichzeitig die Emissionen zu verringern, könnten die trockengelegten Moorböden wiedervernässt werden.

Das Umweltbundesamt rechnete dazu in seiner Veröffentlichung aus: Wenn ab 2022 jährlich rund 5,3 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche auf trockengelegten Moorböden wiedervernässt würden, könnten bis 2030 die durch die Moore jährlich emittierten Emissionen etwa halbiert werden. Um dies jedoch noch möglich zu machen, sei eine konsequente und unverzügliche Umsetzung notwendig.

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KlimaFarm will alternative Anbaumethoden testen

Doch diese gewünschte Umsetzung ist nicht ohne weiteres machbar. Die entwässerten Moore werden meist landwirtschaftlich genutzt und sichern damit das Einkommen für viele Landwirt:innen. Um diese jedoch vom Klimaschutz zu überzeugen und das Potential eines wiederbewässerten Moores aufzuzeigen, startete nun das Projekt KlimaFarm. In den nächsten zehn Jahren will die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein zusammen mit der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und weiteren Akteur:innen aus Wissenschaft, Landwirtschaft sowie Moor- und Klimaschutz im Rahmen des Projekts Alternativen entwickeln. Dafür wird ein Modellbetrieb für die Nassgrünlandbewirtschaftung (Paludikultur) in Erfde, mitten im moorigen Herzen Schleswig-Holsteins, geschaffen, so die Stiftung in einer Presseaussendung.  

„Wenn Deutschland klimaneutral werden will, müssen wir entwässerte Moore wiedervernässen und gleichzeitig neue Bewirtschaftungsformen voranbringen. Viele Landwirt:innen wollen ihren Beitrag zum Schutz von Klima und Artenvielfalt leisten, doch gerade auf den hoch klimawirksamen Moorböden fehlen gegenwärtig Alternativen, wie sich vernässtes Moor schonend und klimaverträglich bewirtschaften lässt und damit auch Erträge erzielt werden können. Deshalb wollen wir Projekte wie die auf der KlimaFarm unterstützen, damit Landwirt:innen auf Moorböden eine echte Wende hinbekommen und ihre wirtschaftliche Zukunft sichern können“, so Bundesumwelt- und Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke. 

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Schilf und andere Pflanzen als umweltschonende Alternativen

In dem geplanten Modellbetrieb wollen die Beteiligten auf trockengelegten landwirtschaftlich genutzten Moorflächen den natürlichen Wasserstand wiederherzustellen. Auf den dann wieder nassen Mooren soll artenreiches Grünland als Paludikultur etabliert werden, um mit der Nutzung der Biomasse neue Produkt- und Wertschöpfungsketten aufzubauen. Für die Paludikultur, also die landwirtschaftliche Nutzung von nassen Moorböden, sind beispielsweise Pflanzen wie Schilf, Rohrkolben-, Rohrglanzgras und Seggenarten geeignet. Sie können als Biogassubstrat, Dämmstoff, Torfersatz, Naturwerkstoff oder zum Heizen genutzt werden. Auch der Anbau von Torfmoos ist möglich, das als nachhaltiges Pflanzsubstrat im Gartenbau eingesetzt wird, so das Informationsportal Ökolandbau. 

Dieser Wandel hin zum „nassen“ Anbau könnte jedoch bald schon nicht mehr nur optional sein: Die aktuelle entwässerungsbasierte landwirtschaftliche Nutzung ist endlich. Laut der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein sacken die entwässerten Moorböden immer weiter ab – bei zugleich steigendem Meeresspiegel. Das führe dazu, dass die Entwässerung immer aufwändiger und teurer werden würde, bis schließlich die Entwässerungskosten den Ertrag der Flächen überstiegen, so die Stiftung. 

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KI zur Vorhersage zukünftiger Treibhausgaseinsparungen

Neben dem ökonomischen Nutzen untersuchen Wissenschaftler:innen der Universität Kiel auch die Treibhausgasemissionen und die Biodiversität bei unterschiedlichen Wasserständen. Dadurch erhoffen sie sich weitere Erkenntnisse über eine klimaoptimierte Bewirtschaftung der Moorböden bei gleichzeitigem Artenschutz zu erlangen. Diese enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Forschung  auf der KlimaFarm könnte zukünftig eine breite Datengrundlage zur Treibhausgas-Emission aus Moorböden schaffen, die für die Klimaschutzziele vieler moorreicher Länder weltweit relevant sein könnten, so die Stiftung. Außerdem solle aus den Daten mit Hilfe künstlicher Intelligenz die Vorhersage zukünftiger Treibhausgaseinsparungen auf Moorflächen möglich werden. 

„Die KlimaFarm leistet Pionierarbeit in der Entwicklung nachhaltiger Managementstrategien zum Schutz von Arten und Klima im Agrarland. Für hoch intensive Agrarstandorte wie Schleswig Holstein gilt es, hierbei insbesondere die von Arten erbrachten Ökosystemdienstleistungen im Sinne einer ökologischen Intensivierung miteinzubeziehen und die regionale Multifunktionalität zu maximieren. Die Stellungnahme des Weltklimarats und des Weltbiodiversitätsrats zum gemeinsam zu denkenden Schutz von Klima und Biodiversität, unterstreicht den innovativen Ansatz des neuen Projektes.“, so Tim Diekötter, Biodiversitätsforscher an der CAU Kiel über den Einfluss des Projektes auf die Biodiversität.

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15,5 Millionen Euro Förderung

Das Projekt wird mit insgesamt 15,5 Millionen Euro gefördert. Davon stellte das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV)12,4 Millionen Euro bereit, so die Stiftung. Das Verbundprojekt ist am 17. Dezember 2021 gestartet und soll zehn Jahre andauern. Momentan beginnt das Projekt laut eigenen Aussagen mit der Zusammenstellung der Teams und dem Aufbau eines landwirtschaftlichen Modellbetriebs für nasse Moorbewirtschaftungen (Paludikultur) in Erfde, Kreis Schleswig-Flensburg.

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