Konflikt

Ukraine-Krieg treibt Europas MilitaryTech- und DefenseTech-Startups voran

Eine Drohne von Quantum Systems © Quantum Systems
Eine Drohne von Quantum Systems © Quantum Systems
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Wenn man an die europäische Startup-Szene denkt, sind vermutlich Bereiche wie Fintechs, Medtech, Nachhaltigkeit oder Ernährung die ersten Assoziationen. Dagegen bringt man Jungfirmen wohl deutlich seltener mit militärischer Technologie in Verbindung. Zumindest war das bis vor einem Jahr noch der Fall, denn der Ukraine-Konflikt hat den Bereichen MilitaryTech und DefenseTech große Aufmerksamkeit gebracht. Europäische Startups in diesem Sektor stehen derzeit hoch im Kurs, besonders bei Investor:innen.

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Quantum Systems Paradebeispiel für MilitaryTech

„Es wird immer deutlicher, dass das Militär ein riesiger und für Startups relevanter Markt ist. Dabei geht es nicht bloß um die Entwicklung von Waffen. Alles, was dabei helfen kann, eine wehrhafte Demokratie zu verteidigen, hat hier Potenzial“, erzählt der ehemalige Rocket-Internet-Chef und Investor Uwe Horstmann im Gespräch mit dem Handelsblatt. Sein Venture Capital-Unternehmen Project A ist Anteilhaber des Münchener Drohnen-Startups Quantum Systems.

Quantum Systems ist ein Paradebeispiel dafür, wie begehrt europäische MilitaryTech- und DefenseTech-Firmen für Investor:innen sind. Das 2015 gegründete Jungunternehmen entwickelt Drohnen, die Gruppen aus der Luft aufspüren und ausspähen können. Über einen Minicomputer lassen sich die Bilder der Drohne in Echtzeit und verschlüsselt übertragen. Die dafür notwendige Software hat Quantum Systems selbst entwickelt. Im vergangenen Oktober hat die Jungfirma laut Gründerszene bei einer Finanzierungsrunde etwa 18 Millionen Euro eingesammelt. Neben Project A beteiligte sich auch der kontroverse deutsch-amerikanische Milliardär Peter Thiel an Quantum Systems.

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Große Drohnenbestellung für die Ukraine

Auch im Ukraine-Krieg ist die Technologie von Quantum Systems mittlerweile im Einsatz. Etwa 40 Drohnen des Unternehmens nutzen die ukrainischen Streitkräfte schon, um feindliche Truppenbewegungen zu beobachten und zu dokumentieren. Demnächst sollen über 100 weitere Drohnen die ukrainischen Streitkräfte verstärken, gab der Chef des Startups, Florian Seibel, am Mittwoch auf einer Konferenz bekannt. Rund 20 Millionen Euro kostet diese Bestellung. Bezahlt wird sie aus der Ukraine-Hilfe der Bundesrepublik Deutschland.

Ursprünglich waren die Drohnen von Quantum Systems nicht für solche Einsätze geplant. Doch mittlerweile kommen die Drohnen ohne GPS-Signal aus, da dieses von den russischen Streitkräften immer wieder gestört werden kann. Die kommende Generation soll KI-gestützt sein. Dadurch soll es möglich sein, Pilot:innen der Drohne vorzuschlagen, welche Objekte von Relevanz sein könnten. Mit aktiven Waffensystemen werden die Drohnen aber auch künftig nicht ausgestattet, verspricht das Unternehmen.

Improbable: Metaverse-Unicorn steigert Wert auf 3,4 Milliarden Dollar

Metaverse als Trainingsgelände für Militär

Doch nicht nur Drohnen können Startups dem Militär liefern. Es gibt eine Reihe von europäischen MilitaryTech- und DefenseTech-Firmen, die unterschiedliche technologische Innovationen bieten. Eines davon ist Improbable aus Großbritannien. Das Metaverse-Unicorn ist zwar nicht nur im militärischen Sektor tätig, bietet aber Infrastruktur für Verteidigungssimulationen, zum Beispiel für das britische Verteidigungsministerium zu Schulungszwecken. Erst im November 2022 hat die Jungfirma eine Finanzierungsrunde in Höhe von 100 Millionen Dollar mit einer Bewertung von satten drei Milliarden Dollar abgeschlossen.

Eine weitere wichtige Sparte in modernen militärischen Konflikten ist Cybersecurity. Hier gibt es besonders viele erfolgreiche Jungfirmen, beispielsweise EclecticIQ mit Sitz in den Niederlanden. Das Unternehmen bietet seine Technologie laut Sifted auch für Regierungszwecke an, um Organisationen und Regierungen dabei zu helfen, Cyberrisiken, die ihren Betrieb bedrohen, zu suchen, zu erkennen und darauf zu reagieren. Das Unternehmen hat 2020 eine Series C-Runde in Höhe von 20 Millionen Euro aufgenommen.

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KI für moderne Kriegsführung essenziell

Ebenfalls von großer Bedeutung an modernen Kampfschauplätzen ist Künstliche Intelligenz. Algorithmen können auf unterschiedliche Weise zur Verteidigung dienen. Das 2017 in Portugal gegründete Unternehmen Hala Systems beispielsweise hat ein Frühwarnsystem für die Zivilbevölkerung entwickelt. Dieses soll Bedrohungen erkennen und vorhersagen. Es wurde bereits in Syrien eingesetzt und kommt derzeit im Ukraine-Krieg zum Einsatz. Im Jahr 2019 erhielt Hala ein Millioneninvestment. Das französische Startup Bfore.Ai bietet auch KI-gestützte prädiktive Intelligenz und soll in der Lage sein, Bedrohungen innerhalb von Stunden statt Wochen zu erkennen. Im November 2022 gab es hier eine Series A in Höhe von vier Millionen Euro.

Digitale Daten sind ein weiteres wichtiges Element in der modernen Kriegsführung. Das 2016 gegründete Pariser Startup Preligens bietet KI-basierte Geodatenanalyse für Regierungen. Ein großer Teil des Geschäfts entfällt auf Frankreich, aber auch im Ausland gewinnt das Unternehmen an Zugkraft. Im Jahr 2020 nahm das Unternehmen eine Serie A in Höhe von 20 Millionen Euro auf. Das deutsche Jungunternehmen Helsing dagegen nutzt KI, um Infrarot-, Video-, Sonar- und Hochfrequenzdaten von Sensoren auf Militärfahrzeugen zu sammeln und daraus Live-Karten des Schlachtfelds zu erstellen. Schon im Gründungsjahr 2021 sammelte Helsing eine 102 Millionen Euro schwere Series A-Runde ein.

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MilitaryTech-Robotik sehr begehrt

Auch in der Robotik können MilitaryTech-Startups Armeen unterstützen. Milrem Robotics wurde 2013 gegründet und ist ein estnischer Hersteller von Roboterfahrzeugen. Die Jungfirma stellt autonome Roboterpanzer her, die bereits in Schlachten erprobt wurden. Das Unternehmen hat 15 Robotersysteme für unterschiedliche Einsatzzwecke entwickelt, die von 16 Regierungen in aller Welt gekauft wurden. Neben Militärfahrzeugen stellt das Unternehmen auch Roboter für kommerzielle Zwecke her, darunter für Feuerwehreinsätze und Aufklärungsmissionen in Minen.

In den USA sind Militäraufträge für private Unternehmen schon länger gang und gäbe. So kämpft Microsoft derzeit um einen Auftrag der US Army, bei dem es um militärische AR-Brillen geht. Doch auch in Europa wird dieses Konzept immer attraktiver. Investor:innen sind offensichtlich sehr an Startups interessiert, die neue technische Lösungen für die moderne Kriegsführung sind. Es lässt sich natürlich darüber diskutieren, ob solche Investments moralisch vertretbar sind. Uwe Horstmann empfiehlt hier vor allem Transparenz und Investitionen in Projekte, die nicht direkt mit Waffen zu tun haben, damit der Fokus weiterhin auf der Landesverteidigung liegt.

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