Nachgefragt

Wie drei Green Techs die Auswirkungen des Ukrainekrieges spüren

Die Gründer:innen von Enpal, Greenwell und Bluepower.
Die Gründer:innen von Enpal, Greenwell und Bluepower.

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat enorme Auswirkungen auf die Energiewirtschaft. Nach der langen Abhängigkeit von russischem Öl und Gas will die EU so schnell wie möglich von russischen Importen unabhängig werden (wir berichteten). Für die Erneuerbare-Energie-Branche stellt der Krieg aber auch eine Chance dar, denn ein Umstieg auf nachhaltige Energiequellen wird dadurch deutlich beschleunigt. Tech & Nature hat drei Energie-Startups gefragt, welche Auswirkung der Ukraine-Krieg auf ihre Branche hat und wie es im Erneuerbaren-Energie-Sektor weitergeht.

Hohe Energiekosten: Schlecht für uns, gut für das Klima

Enpal

Deutschlands erstes grünes Unicorn hat sich auf die Vermietung von Solaranlagen spezialisiert.

Welche Auswirkungen hat der Ukraine-Krieg auf eure Branche?

Wir kümmern uns sehr stark darum, die Hilfen für Menschen auf der Flucht und  vor Ort in der Ukraine zu unterstützen. Als Unternehmen empfinden wir das als unsere Verantwortung. Zugleich macht der Angriffskrieg deutlich, dass sich Europa schnellstmöglich vom Tropf der fossilen Energieimporte lösen muss. Europa überweist täglich 600 Millionen Euro für russisches Öl und Gas nach Moskau. Dieser Krieg ist fossil finanziert. Aus diesen Fesseln müssen wir uns schnell lösen. Erneuerbare Energien sind Freiheitsenergien.

Wie schnell kann die Energiegewinnung in eurem Bereich ausgebaut werden, auch im Hinblick auf notwendige Einkäufe, Lieferketten?

Wir stehen bereit, die solare Energiewende schnell nach vorne zu bringen, und bauen jeden Monat 1.000 neue Solaranlagen auf die Dächer.

Durch was wird die Entwicklung in eurer Energiebranche am meisten ausgebremst?

Bürokratie, Fachkräftemangel und sinkende Vergütungen bremsen die Solarenergie in Deutschland aus. Die Vergütung ist zum Beispiel inzwischen niedriger als das, was der Strom auf dem Markt kosten würde. Der Staat bestraft also auch noch, wenn sich jemand eine Solaranlage installiert und zur Energiewende beiträgt. Das ist absolut bizarr. Außerdem erschwert man es den Menschen durch allerlei gesetzliche Pflichten, ihren Strom in der Nachbarschaft zu teilen. Wer seinen Strom teilen will, wird behandelt wie ein Großkonzern, ist aber nur ein Privatmensch. Da muss endlich differenziert werden.

Welche Lösungsmöglichkeiten würdet ihr dafür vorschlagen?

Wir müssen die Solarenergie aus den bürokratischen Fesseln befreien. Die Regeln für Netzanmeldung, Nachbarschaftsstrom, Steuern und Smart Meter müssen deutlich entschlackt und vereinfacht werden. Nur so kriegen wir die Energiewende von unten. Und: Die Einspeisevergütung muss zumindest den Marktwert widerspiegeln.

Bis wann lässt sich eurer Meinung nach realistisch die Energiewende Deutschland schaffen?

100% erneuerbaren Strom kriegen wir hin bis spätestens 2035. Zugleich steigen wir gerade in die Wärme- und Verkehrswende ein, und brauchen sehr viel sauberen Strom für Elektromobilität und Wärmepumpen. Das zu schaffen, ist unsere Mondlande-Mission des 21. Jahrhunderts.

Solarenergie muss in Österreich am stärksten wachsen, um Energiewende zu schaffen

Greenwell

Das Wiener Startup „recycelt“ Bohrlöcher der Öl-Industrie und wandelt sie in Geothermie-Anlagen um.

Welche Auswirkungen hat der Ukraine-Krieg auf eure Branche?

Keine direkten. Indirekt wird durch die durch den Ukraine-Krieg verursachte Verschärfung im Bereich der fossilen Energieversorgung (Knappheit einerseits, Preis andererseits) die Dringlichkeit der Transformation hin zu erneuerbaren Energien erhöht; dies rückt auch die Geothermie in den Fokus, da diese eine wesentliche Komponente in der Wärmeversorgung darstellen kann. Generell lässt sich aber bereits jetzt eine stärkere Nachfrage nach Geothermie erkennen.

Wie schnell kann die Energiegewinnung in eurem Bereich ausgebaut werden, auch mit Hinblick auf notwendige Einkäufe, Lieferketten?

Die Geothermie verwendet bestehende Technologien, für die es bereits belastbare Lieferketten gibt. Daher können geothermische Projekte vergleichsweise rasch umgesetzt werden. Eine Abhängigkeit zu Lieferketten aus Russland oder China besteht nicht bzw. nur sehr gering.

Durch was wird die Entwicklung in eurer Energiebranche am meisten ausgebremst?

Leider sind die gesetzlichen Regelungen, allem voran im Bergrecht, noch nicht auf die Förderung der Geothermie ausgerichtet. Dadurch werden viele Projekte erschwert, etliche auch verhindert. Es klingt eigenartig, aber Wirtschaftlichkeit ist nicht unser Problem, sondern fast ausschließlich non-monetäre, nicht technische Widerstände.

Welche Lösungsmöglichkeiten würdet ihr dafür vorschlagen?

Änderungen im (Berg-)Recht benötigen eine politische Willensbildung. Wenn es der Politik ernst ist mit der Transformation der Energieversorgung hin zu erneuerbaren Energien, dann müssen entsprechende Änderungen in der Legislative angestoßen werden. Dabei muss aber genereller gedacht werden. Geothermie benötigt nicht nur die Aufnahme in Bergrecht und Wasserrecht, sondern es braucht auch Änderungen in der Flächenwidmung, Gewerbeordnung, Grunderwerbsrecht und eventuell sogar Mietrecht.

Bis wann lässt sich eurer Meinung nach realistisch die Energiewende Österreich schaffen?

Persönlich halte ich den Begriff „Energiewende“ für falsch, denn es geht mehr um eine „Transformation“ weg von fossilen hin zu erneuerbaren Energien. Es handelt sich bei der Transformation um einen Prozess, der sich zeitlich schwierig abgrenzen lässt. Wesentliche Fortschritte lassen sich aber sicher binnen fünf Jahre erreichen, wenn bzw. sobald es dafür den notwendigen politischen Willen gibt.

Energiewende: Österreich kommt bisher nur 4 Monate im Jahr ohne fossile Energie aus

Blue Power

Das Startup aus Oberösterreich hat Kleinwindkraftanlagen entwickelt, durch welche auch das Gewinnen von Windkraft in kleinen Rahmen möglich sein soll.

Welche Auswirkungen hat der Ukraine-Krieg auf eure Branche?

Wir merken extrem steigende Anfragen nach unseren Produkten, aber auch extrem steigende Preise in den Vorprodukten, die wir zum Bau der Turbinen benötigen (teilweise 100% Preissteigerungen).

Wie schnell kann die Energiegewinnung in eurem Bereich ausgebaut werden, auch mit Hinblick auf notwendige Einkäufe, Lieferketten?

Wir können theoretisch sehr schnell hochskalieren. Das liegt auch daran, dass wir mittlerweile viele Anfragen von Firmen haben, die auch in Lizenz für uns produzieren möchten. Der Pferdefuß sind die Lieferketten (Generatoren speziell). Hier ist nicht klar, wie es weitergeht. Umso mehr wäre es wichtig, in Europa Lieferanten zu entwickeln, damit wir hier bei keinem Einzelteil von Asien abhängig sind. Dies ist zur Zeit, wenn man die Vorprodukte unserer Lieferanten ansieht, leider nicht der Fall.

Die De-Industrialisierung Europas (Stichwort: Golden Plating durch viele Gesetze und Normen, die in den letzten 30 Jahren erfunden wurden und unsere Wirtschaft hier bremsen) zeigt jetzt seine negativen Folgen auf!

Durch was wird die Entwicklung in eurer Energiebranche am meisten ausgebremst?

Zu viele Normen und Vorschriften, die von Land zu Land variieren. Wir schaffen die Energiewende nicht, wenn das Sachverständigenwesen in den Ländern und die zuständige Bürokratie mit immer noch komplizierteren „Verhinderungsleitlinien und Verordnungen“ gegen österreichische Unternehmen arbeitet. In der Folge passieren dann die Innovationen eben in Asien und wir landen wieder beim obigen Punkt zum Thema Lieferketten. Die Katze beißt sich in den Schwanz!

Welche Lösungsmöglichkeiten würdet ihr dafür vorschlagen?

  1. Für jedes neue Landes- oder Bundesgesetz müssen verbindlich zwei Gesetze oder Verordnungen gestrichen werden.
  2. Eigene Task-Force des Bundes (nur Leute aus der Privatwirtschaft) zur Entbürokratisierung im Bereich Energiewende.
  3. Die Ergebnisse müssen verbindlich in den Ländern legislativ umgesetzt werden. Zeithorizont: 1-2 Jahre maximal.

Bis wann lässt sich eurer Meinung nach realistisch die Energiewende Österreich schaffen?

Mit den heutigen Grundlagen wird das gar nicht möglich sein. Man denke nur an die vielen Einspruchsmöglichkeiten von NGOs etc.

Corona-Wiederaufbau: Regierungen investieren zu wenig in Energiewende, kritisiert die IEA

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