Interview

Anita Posch: „Das Interesse an Bitcoin steigt, je stärker die Inflation spürbar wird“

Bitcoin-Expertin Anita Posch. © Anita Posch / Canva
Bitcoin-Expertin Anita Posch. © Anita Posch / Canva
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Sie hat Bücher und Podcasts zum Thema veröffentlicht, hält Vorträge und Workshops und hat sich sogar das Logo des Lightning Network auf den Unterarm tätowieren lassen: Anita Posch gilt als eine der wichtigsten Bitcoin-Expert:innen Österreichs und engagiert sich als Vorstandsmitglied seit Jahren im Bereich Krypto-Assets.

Wie viele andere in der Bitcoin-Community hat sie die Ereignisse rund um den #BitcoinDay in El Salvador genau verfolgt. Im Interview spricht sie über den Druck der Inflation, die BTC-Adoption in weiteren Ländern, die Unterschiede zu Ethereum und Co. und die Grenzen der Regulierung.

Trending Topic: Die Einführung von Bitcoin in El Salvador ist in der Community groß gefeiert worden. Wie bewertest du diesen Schritt?

Anita Posch: Für Bitcoin ist es ein riesengroßer Schritt. Von einem Grassroots-Projekt, das vor 10 Jahren eine Handvoll Menschen genutzt haben, zu einem souveränen Staat, der Bitcoin als Zahlungsmittel anerkennt. El Salvador macht Bitcoin damit zu einem Thema, mit dem sich internationale Währungsinstitutionen auseinandersetzen müssen. Man wartet gespannt auf Reaktionen außer Skepsis. Die Community hat damit gerechnet, dass sich im Laufe der Jahre ein Staat dazu bekennt, Bitcoin in Reserve zu halten. Dass es gleich als Zahlungsmittel durchgesetzt werden soll, kam für alle überraschend.

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Werden weitere Staaten El Salvador folgen?

Bestimmt. Das ist nur eine Frage der Zeit. Es ist die Rede von der Ukraine oder anderen lateinamerikanischen Staaten, die vom US-Dollar abhängig sind.

Der BTC-Preis ist am BitcoinDay stark eingebrochen. Was bedeutet das für die Bevölkerung vor Ort? Und wird das abschreckende Wirkung haben?

Das Gerücht ging um, dass El Salvadors holprige Einführung der Grund für den Kursverlust war. Das ist absurd. El Salvador hat 550 Bitcoin gekauft, das hätte sich positiv auswirken müssen.

Heimatüberweisungen machen über 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von El Salvador aus. Ich gehe davon aus, dass die meisten Menschen in El Salvador Bitcoin verwenden, um sich Geld aus den USA schicken zu lassen und es sich sofort in USD bei einem ATM abholen. Da dies innerhalb weniger Minuten möglich ist, wirkt sich ein Kursverlust nicht aus. Während Western Union rund 8 Prozent Gebühren verlangt, kostet die Bitcoin-Überweisung nur 1 Prozent.

Das ist eher das Gegenteil von abschreckend, außerdem ist Bitcoin derzeit immer noch fünf Mal mehr wert als vor 12 Monaten.

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BTC als offizielles Zahlungsmittel in El Salvador gilt als großer Test für das Lightning Network. Welche Rolle kommt LN zu?

Das Lightning Netzwerk spielt die Hauptrolle. Es kann sehr kleine Beträge zu niedrigsten Gebühren und sehr schnell von A nach B senden. Das ist direkt auf der Bitcoin-Blockchain nicht möglich, weil die Gebühren den gesendeten Betrag übersteigen könnten und es zeitweise ein paar Tage dauert bis Transaktionen vollständig bestätigt sind. Eine Zahlung über das Lightning Netzwerk ist sofort abgeschlossen und hat alle Sicherheitsmerkmale von Bitcoin. In El Salvador, wo der Großteil der Bevölkerung über sehr wenig Mittel verfügt, ist das ausschlaggebend.

Bitcoin ist nach wie vor sehr volatil. Würdest du es Menschen in El Salvador empfehlen, mit BTC zu bezahlen? Oder sollten die Menschen vor Ort es eher als längerfristiges Investment ansehen?

Wer es sich leisten kann, ein wenig beiseite zu legen, sollte längerfristig Satoshis sparen. Wenn man gerade Satoshis erhalten hat und sie sofort für einen Einkauf nutzt, würde ich damit bezahlen, das spart Wechselkosten. Ansonsten würde ich in US-Dollar umwandeln. Das ist natürlich alles ortsspezifisch und vom persönlichen Risiko abhängig, das man eingehen will.

Die Inflation, die in den USA oder Europa immer stärker zu spüren ist, ist ein großes Thema in der Bitcoin-Community. Wie wird sich die Adoption bei weiter steigender Inflation entwickeln?

Ich nehme an, dass das Interesse an Bitcoin in unseren Breiten steigt, je stärker die Inflation spürbar wird. In Argentinien, Venezuela, Nigeria oder Kenya hat sich dieses Wissen bereits durchgesetzt, weshalb diese Länder nicht nur bei der Inflationsrate, sondern auch bei der Krypto-Adoption top sind.

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In der Krypto-Industrie gibt es eine Art Glaubenskrieg. Während die einen nur Bitcoin als einzige Kryptowährung anerkennen, setzen viele andere auf Altcoins wie Ether, ADA und Co. Auf welcher Seite stehst du?

Für mich hat das weniger mit Glauben und mehr mit grundlegenden Prinzipien zu tun. Ich konzentriere mich auf Bitcoin, weil es keine alte Technologie ist, wie viele behaupten, sondern die Entwicklungen immer schneller und mehr werden. Das alles zu beobachten, ist ein Vollzeitjob. Bitcoin und die meisten anderen Kryptowährungen unterscheiden sich durch die Zielsetzung und die Art das Ziel zu erreichen. Bitcoin ist Geld, während Ethereum mehr eine Smart-Contracting-Plattform ist.

Wer Ether hält, besitzt eher eine Aktie als ein Zahlungsmittel. Bei Bitcoin gibt es keinen Leader und kein Unternehmen, was es angreifbar macht. Die Entwicklungsphilosophie ist konservativ, auf Sicherheit bedacht, während andere nach dem Motto „Move fast and break things“ agieren. DeFi auf Bitcoin-Basis entwickelt sich bereits, es gibt NFTs, Stablecoins, und über Sidechains und Layer 2 und 3 werden zahllose Innovationen dazu kommen. Letztlich werden die Menschen entscheiden, welche Plattform die beste für ihre Zwecke ist.

In der EU stehen in Sachen Steuern, Identifikation von Nutzern und Zulassung von Krypto-Projekten einige neue Regulierungen an. Wie wird sich das voraussichtlich auf die Krypto-Industrie auswirken?

Generell denke ich, dass sich zwei Arten von Märkten bilden werden: die regulierten und vom Staat überwachten, da gehört digitales Zentralbankgeld oder Facebooks Diem dazu und KYC- freie, dezentrale Märkte, die den Schutz der Privatsphäre in den Mittelpunkt stellen. Inwiefern es möglich sein wird, hier zu regulieren, ist fraglich. Die Programmierung ist immer der Regulierung voraus.

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