Gastbeitrag

GmbH von der Couch aus: So einfach muss Gründen in Österreich werden

© Photo by Ruthson Zimmerman on Unsplash
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Estland ist in Europa Vorreiter bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Dort kann eine Gesellschaft innerhalb weniger Stunden über das Internet gegründet werden. Erforderlich sind dafür nur ein gültiges Ausweisdokument und ein Internetzugang. Was in Österreich nach Zukunftsmusik klingt, soll ab 2021 auch hierzulande möglich sein.

Durch die neue EU-Richtlinie zur Digitalisierung des Gesellschaftsrechts sollen zukünftig in allen Mitgliedsstaaten bestimmte Gesellschaftsformen, wie die GmbH, online gegründet, Gesellschaftsunterlagen im Internet eingereicht und auch Zweigniederlassungen digital registriert werden können.

Gründungsprozess bisher aufwendig

Das Verfahren zur Gründung einer GmbH kann umständlich sein und einiges an Zeit und Geld in Anspruch nehmen. Schließlich sind zur Gründung einer GmbH, ein Gesellschaftsvertrag abzuschließen, Organe zu bestellen und Einlagen zu leisten. Anschließend kann die Anmeldung beim Firmenbuch erfolgen. Grundsätzlich ist für den Gesellschaftsvertrag ein Notariatsakt erforderlich. Erleichterungen bestehen nur bei der vereinfachten Gründung von bestimmten Standard-GmbHs (Gesellschaft mit standardisierter Errichtungserklärung und nur einem Gesellschafter der gleichzeitig Geschäftsführer ist). In diesem Fall kann die Gründung online unter Verwendung einer elektronischen Signatur (Handy-Signatur oder Bürgerkarte) erfolgen. Ein Notariatsakt ist nicht erforderlich. Allerdings müssen die Gründer persönlich ein Kreditinstitut aufsuchen.

Vereinfachte Gründung innerhalb von 10 Tagen

Mit der Richtlinie soll die Gründung einer GmbH vollständig online möglich sein. Eine Beschränkung auf eine bestimmte Vertragsgestaltung (wie der „Standard-GmbH“ der vereinfachten Gründung) ist nicht vorgesehen. Zudem wird es nicht mehr erforderlich sein, dass Gründer persönlich vor Behörden oder anderen Stellen, wie Notaren, erscheinen. Die Identifizierung der Gründer muss im Wege einer elektronischen Identitätsprüfung erfolgen. Zudem sollen auch sämtliche Dokumente und Unterlagen, welche die Mitgliedsstaaten zur Gründung vorschreiben, online eingereicht werden können.

Zur Sicherstellung eines möglichst effizienten und unkomplizierten Verfahrens haben die Mitgliedsstaaten darüber hinaus Musterformulare für die Gründung zur Verfügung zu stellen. Werden diese Musterdokumente von natürlichen Personen in Anspruch genommen, hat die Gründung der Gesellschaft innerhalb von fünf Tagen ab Abschluss der erforderlichen Formalitäten bzw. der Zahlung der Eintragungsgebühr zu erfolgen. In allen anderen Fällen sollen nicht mehr als 10 Tage notwendig sein.

Vorteile vor allem für erfahrene Gründer

Durch die Richtlinie wird die Gründung einer Gesellschaft schneller, kostengünstiger und unkomplizierter. Diese Vorteile werden insbesondere jenen Gründern zugutekommen, welche bereits Routine bei der Gründung einer Gesellschaft haben oder keine über die Musterdokumente hinausgehenden Regelungen benötigen.

Unerfahrene Gründer sollten hingegen weiterhin den Rat eines Anwalts oder eines Notars einholen. Dasselbe gilt in Fällen in denen komplexere Regelungen im Gesellschaftsvertrag getroffen werden sollen. So können Fehler bei der Gründung vermieden werden und mögliche Knackpunkte und Streitigkeiten durch sinnvolle Vertragsgestaltung bereits im Vorhinein ausgeräumt werden. Doch auch in diesen Fällen wird das Verfahren durch die Online-Gründung insgesamt vereinfacht, da grundsätzlich nur ein Mittel zur elektronischen Identitätsprüfung erforderlich ist. Der Gesetzgeber könnte hier auf die Handy-Signatur oder Bürgerkarte zurückgreifen.

Änderungsbedarf in Österreich

Österreich hat bis zum 1. August 2021 Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Da das bisher vorgesehene Instrument der vereinfachten Gründung nicht den Vorgaben der Richtlinie entspricht, besteht auf jedem Fall Änderungsbedarf. Es bleibt daher abzuwarten, welche Verfahren der Gesetzgeber für Online-Gründung vorsehen wird. Schließlich bleibt den Mitgliedsstaaten bei der Einbindung von Behörden oder Notaren (zB durch eine Videokonferenz) ein weiter Umsetzungsspielraum. Das Erfordernis eines Notariatsakt kann somit auch zukünftig vorgesehen werden. Allerdings darf dies nicht verhindern, dass das Verfahren vollständig online durchgeführt werden kann.

Dieser Gastbeitrag wurde von Simon Ewerz, Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH, verfasst.

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