Interview

Chip-Hoffnung Graphcore: „Software ist der Schlüssel zu den Fähigkeiten unserer Hardware“

© Graphcore
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Sieht so die europäische Chip-Hoffnung aus, die es mit den Riesen aus den USA und Asien aufnehmen kann? Manche meinen ja. Das britische Scale-up Graphcore, an dem auch der österreichische Investor Hermann Hauser beteiligt ist, gilt vielen als Nachwuchshoffnung der Halbleiter-Industrie. In Sachen AI-Chips soll es die Firma mit Unicorn-Status gar mit Nvidia aufnehmen können.

Noch aber ist Graphcore, gegründet 2016 von Nigel Toon und Simon Knowles, ein Winzling im Vergleich zu Nvidia, Intel oder AMD. Um sich zu stärken, schmiedet das junge Unternehmen in Europa immer mehr Allianzen – wie zuletzt mit SiPearl und der European Processor Initiative und neuerdings auch mit dem französischen IT-Dienstleister Atos. Gemeinsam will man Großunternehmen, Forschungsinstituten und Universitäten die neuesten KI-Hochleistungslösungen bieten.

Im Interview spricht Andreas Scheffer, Graphcore Territory Manager Central Europe und Automotive EMEA, über die Rivalität zu Nvidia, die Kooperation mit dem taiwanesischen Chip-Riesen TSMC und den viel kritisierten Deal zwischen Nvidia und ARM.

Trending Topics: Graphcore ist zum Unicorn aufgestiegen und gilt als eine der Hoffnungen der europäischen Chip-Branche. Was hat die Firma, was andere nicht haben?

Andreas Scheffer. © Graphcore
Andreas Scheffer. © Graphcore

Andreas Scheffer: Es gab einige Unternehmen, die versucht haben, Chips speziell für KI-Computing herzustellen. Eine ganze Reihe davon haben es nicht geschafft. Graphcore unterscheidet die massiv parallel ausgelegte Architektur unserer Technologie so wie die Integration von ultra-schnellem SRAM-Speicher direkt auf unserem Chip.

Zudem zeichnet Graphcore aus, dass wir der Software vom ersten Tag an große Bedeutung beimaßen. Software ist der Schlüssel zur Erschließung der Fähigkeiten unserer Hardware und ermöglicht es erst, wirklich spannende Dinge damit zu tun. Tatsächlich beschäftigen wir bei Graphcore mehr Software- als Hardware-Mitarbeiter und glauben, dass die Leistungsfähigkeit und Benutzerfreundlichkeit unserer Systeme eine große Rolle für unseren bisherigen Erfolg gespielt hat.

Graphcore gilt als großer Herausforderer von Nvidia im Bereich für Chips für AI. Sehen Sie das auch so?

Das scheinen unsere Kunden so zu sehen. Es ist die Wahl, die die meisten von ihnen treffen. Wir haben großen Respekt vor Nvidia und dem, was sie bisher erreicht haben, um KI-Computing zu ermöglichen. Wir glauben jedoch auch – wie bei jeder neuen Art des Computings in der Vergangenheit –, dass KI eine grundlegend andere Art von Hard- und Software benötigt, die speziell für KI entwickelt wurde.

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Prozessoren in großer Menge herzustellen, können nur einige wenige Riesen wie TSMC. Welche Strategie verfolgt Graphcore hinsichtlich Produktion?

TSMC stellt unsere Intelligence Processing Units (IPUs) her und wir haben eine fantastische Partnerschaft mit TSMC. TSMC sieht, dass wir die Grenzen von KI-Computing verschieben und stellt sicher, dass wir Zugang zu den neuesten Produktionstechnologien haben. Letztes Jahr gab TSMC bekannt, dass Graphcore einer der ersten Kunden sein wird, der ihren neuesten 3nm-Prozess nutzen wird.

Graphcore arbeitet mit SiPearl zusammen, das wiederum die European Processor Initiative gestartet hat. Wie stehen die Chancen, dass ein neuer europäischer Chip-Champion entstehen kann? Wovon würde das abhängen?

Unsere Partnerschaft mit SiPearl umfasst derzeit die Integration von Technologien, sodass das, was sie entwickeln, mit der von uns entwickelten Technologie zusammenarbeitet. Wir möchten keine Vorhersagen über das langfristige Ergebnis machen, aber Europa ist eindeutig mit an der Spitze bei der Entwicklung innovativer Compute-Hardware.

Graphcore sitzt als britische Firma ein wenig zwischen den Stühlen, zwischen der EU und den USA. Wo fühlt sich die Firma mehr zu Hause?

Graphcore hat Standorte weltweit und die Leute, die hier arbeiten, kommen aus der ganzen Welt. Aber wir sind auch stolz darauf, ein britisches und europäisches Unternehmen zu sein – trotz des Austritts Großbritanniens aus der EU.

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Die Halbleiterindustrie wird von einigen wenigen US- und asiatischen Firmen dominiert. Warum hat Europa hier an Boden verloren?

Es kommt darauf an, wie Sie die Branche sehen. ARM stieg zu einem der bedeutendsten Halbleiterunternehmen der Welt auf – aus Großbritannien. ARM ermöglicht erst die Smartphone-Revolution. ASML in den Niederlanden stellt die erstaunlichen Fotolithografiesysteme her, die von den weltweit führenden Chipherstellern verwendet werden – ohne die es keine fortschrittlichen Prozessoren gäbe. Wir haben Infineon, Bosch, STMicroelectronics und mehr.

Die USA und Asien sind sicherlich führend in Bezug auf Chips für die Bereiche Unterhaltungselektronik und Consumer – das hängt von vielen Dingen ab, einschließlich Investitionen in F&E und die Entwicklung anderer Computing-Technologien in diesen Regionen. Aber die Welt ist kleiner geworden. Heute können Sie großartige Unternehmen von überall aus aufbauen. Indem Sie bspw. mit Unternehmen wie TSMC zusammenarbeiten, müssen Sie nicht jeden Teil des Prozesses in einem Land durchführen. Graphcore ist da ein sehr gutes Beispiel dafür.

Wie bewerten Sie die geplante Übernahme von ARM durch Nvidia? Mitgründer Hermann Hauser ist vehement dagegen.

Wir haben öffentlich darüber gesprochen und uns dazu geäußert. Es gibt eine Reihe von Untersuchungen, die von Regierungen auf der ganzen Welt zu dem Angebot durchgeführt werden, und während diese andauern, werden wir uns nicht weiter äußern.

(Anm.: Graphcore-CEO Nigel Toon plädierte bereits dafür, dass Firmen wie ARM und Grahcore unabhängig bleiben müssen, damit damit Europa seine technologische Souveränität bewahrt)

Die Chip-Industrie wird zunehmend politisiert. Welche Rolle spielen Chip-Produzenten heute im geopolitischen Machtkampf zwischen den Blöcken?

Das ist nicht etwas, das sich für Graphcore bisher sehr bemerkbar gemacht hat, und wenn überhaupt, werden wir eher als neutraler Platz in der Mitte angesehen. Es genügt zu sagen, dass dies und die jüngste Chipknappheit in einigen Sektoren uns daran erinnern, wie groß und wichtig die Mikroprozessorenindustrie heute ist und wie viele Möglichkeiten sie bietet.

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