Studie: Das menschliche Gehirn kann sich an den Tod erinnern
Was passiert nach dem Tod? Diese Frage beschäftig die Menschheit seit Jahrtausenden. Wissenschaftler:innen haben nun Gehirnwellenmuster bei sterbenden Patient:innen beobachtet, die möglicherweise mit häufig berichteten „Nahtoderfahrungen“ (NTEs) wie klaren Visionen, außerkörperlichen Empfindungen und anderen „Dimensionen der Realität“ korrelieren, berichtet eine neue Studie. Diese liefert die ersten umfassenden Beweise dafür, dass Patientenerinnerungen und Gehirnwellen auf universelle Elemente von NTEs hinweisen.
Die Studie der NYU Grossman School of Medicine in Zusammenarbeit mit 25 hauptsächlich US-amerikanischen und britischen Krankenhäusern hat festgestellt, dass einige Patient:innen, die eine Herz-Lungen-Wiederbelebung (Cardiopulmonary Eesuscitation, CPR) erfahren hatten, klare Erinnerungen an das Erleben des Todes hatten und Gehirnmuster im Zusammenhang mit Denken und Erinnerung aufwiesen. 4 von 10 Überlebenden erinnerten sich an ein gewisses Bewusstsein während der CPR. Bei fast 40 Prozent dieser Patient:innen kehrte die Gehirnaktivität während der CPR sogar bis zu einer Stunde lang normal oder nahezu normal zurück.
Die mehrjährige Studie wurde von Sam Parnia, einem Intensivmediziner und außerordentlichen Professor in der Abteilung für Medizin an der NYU Langone Health, geleitet. Die Forscher beobachteten 567 Patienten in 25 Krankenhäusern weltweit, die nach einem Herzstillstand eine kardiopulmonale Wiederbelebung (CPR) durchliefen.
Gehirnsignale bis zu eine Stunde nach dem Herzstillstand
EEG-Gehirnsignale, die von Dutzenden der Patienten aufgenommen wurden, zeigten, dass Phasen von erhöhtem Bewusstsein bis zu einer Stunde nach einem Herzstillstand auftraten. 53 Patient:innen wurden wiederbelebt. Von den Überlebenden berichteten 11 Patienten von einem Bewusstsein während der CPR und sechs von einer Nahtoderfahrung.
Patient:innen, die einen Herzstillstand überleben, berichten immer wieder, dass sie aus ihrer eigenen inneren Perspektive feststellen, dass sie völlig bewusst sind. „Ihr Bewusstsein ist nicht nur vorhanden, sondern es ist auf ein Niveau erhöht, das sie noch nie zuvor erlebt haben. Ihre Gedanken werden schärfer und klarer als üblich“, so Parnia.
Die Forscher vermuten, dass das „flache“, sterbende Gehirn natürliche Hemmungssysteme entfernt. Diese Prozesse, bekannt als Desinhibition, könnten Zugang zu „neuen Dimensionen der Realität“ eröffnen, einschließlich der klaren Erinnerung an alle gespeicherten Erinnerungen. Die Autoren der Studie schließen, dass die Erfahrungen und Behauptungen der Patienten in Bezug auf das Bewusstsein beim Tod weitere empirische Untersuchungen verdienen.
Gehirn ist nicht sofort tot
„Die Mehrheit der Ärzte glaubt, dass das Gehirn nach etwa fünf oder zehn Minuten Sauerstoffmangel stirbt“, sagte Parnia. „Einer der Schlüsselpunkte, die aus dieser Studie hervorgehen, ist, dass das tatsächlich nicht wahr ist. Obwohl das Gehirn nach dem Herzstillstand flachliniert, bedeutet das nicht, dass es dauerhaft geschädigt und gestorben ist. Es hiberniert (wird in Ruhezustand versetzt, Anm.) nur. Was wir zeigen konnten, ist, dass das Gehirn tatsächlich reagieren und die Funktion wiederherstellen kann, sogar noch eine Stunde später.“
Die Studie berichtet, dass „nahezu normale/physiologische EEG-Aktivität (Delta-, Theta-, Alpha-, Beta-Rhythmen), die mit Bewusstsein und einer möglichen Wiederaufnahme einer netzwerkbasierten kognitiven und neuronalen Aktivität konsistent ist, bis zu 35-60 Minuten in die CPR hinein auftrat.“
Menschen aus allen verschiedenen Hintergründen und Kulturen neigen dazu, Nahtoderfahrungen mit ähnlichen Elementen zu berichten, wie eine außerkörperliche Reise zurück zu einem tröstenden Ort wie einem Kindheitsheim, wo das Leben der Person detailliert durch eine moralische Linse überprüft wird, gefolgt von einer Intuition, zurück zum Körper zu kehren.