Nachbericht

UX in Finance: „Digitales Banking ist weltweit erst zu 1 Prozent fertig“

Maurizio Poletto, Chief Platform Officer at Erste Group. © Erste Group
Maurizio Poletto, Chief Platform Officer at Erste Group. © Erste Group

Diese Woche ging die UX in Finance Conference von George Labs,  der Entwicklerfirma des Online-Banking der Erste Group, in Wien über die Bühne. In diesem Nachbericht gibt es einen Überblick über die wichtigsten Inhalte der Konferenz, bei der auch Vertreter:innen von Revolut, Wise, Deel, Tomorrow Bank, Trade Republic und Nordea auftraten.

Die Finanzwelt wird durch digitales Banking menschlicher und persönlicher. Was auf den ersten Blick paradox klingt, entwickelt sich zur gelebten Praxis. Banken, Fintechs und Anbieter von Finanzdienstleistung sind sich einig – das Kundenerlebnis gewinnt höheren Stellenwert. Wer seine Finanzen persönlich und verständlich präsentiert bekommt, setzt sich eher mit ihnen auseinander. Wie genau die Verwaltung von Finanzen von Kunden digital erlebt wird, das verantworten User-Experience-Designer:innen, kurz UX Designer:innen.

Wien war kürzlich Austragungsort für den UX-Erfahrungsaustausch unter Finanzdienstleistern wie Deel, Nordea, Revolut, Wise und Erste Group. Auf der von George Labs am Erste Campus erstmals veranstalteten und ausverkauften Konferenz versammelten sich rund 300 Teilnehmer:innen aus aller Welt, von USA, Ukraine, Botswana bis Malaysien – über 1.000 Zuseher:innen waren via Livestream dabei.

Komplexität der Finanzwelt wird aufgelöst

Wohlstand erfordert gute Kenntnisse über den Umgang mit Geld. Doch viele Menschen wollen ihre Finanzen nicht verwalten, weil sie es sich nicht zutrauen. So lautet das Resümee von Maurizio Poletto, Chief Platform Officer der Erste Group und Mitbegründer des George Online Banking, in seiner Eröffnungsrede. UX-Designern schreibt Poletto dabei eine Schlüsselrolle zu: „Finanzen werden selten mit Design in Verbindung gebracht. Zu Unrecht. Designer:innen können Komplexität auflösen und es gibt nichts Komplexeres als die Finanzindustrie. Banking ist nicht mehr nur für Banker:innen. Es ist für alle Menschen. Jeder von uns hat ein Bankkonto.“

Die Niederschwelligkeit der Finanzwelt ist eine Errungenschaft der letzten zwei Dekaden, hauptsächlich der Transformation zum digitalen Banking zuzuschreiben. Obwohl die fast schon historisch anmutende Überweisung am Schalter durch eine schnell abgewickelte Transaktion in der eigenen Tasche abgelöst wurde, steckt die Entwicklung noch in Kinderschuhen. „Digitales Banking ist erst zu 1 Prozent fertig. 99 Prozent liegen noch vor uns“, hält Maurizio Poletto fest. „Designer:innen sind einer der Gründe für unsere erfolgreiche Transformation zu einem digitalen Bankenerlebnis. Meine Prognose ist, dass in den nächsten 20 Jahren eine kreative Person in jedem Vorstand oder auf einer Ebene darunter sein wird“, sagt Poletto, der selbst als George-Chefdesigner im Jahr 2020 zum ersten „Chief Platform Officer“ in den Vorstand der Erste Group bestellt wurde.

Gutes Kundenerlebnis versus finanzielles Unwissen

Radikale Worte findet Chris Crespo für die Zukunft des Bankings. Als ehemaliger Cheffuturist einer der größten nordischen Banken vertritt er die Ansicht, Digitalisierung sei nur noch ein Selbstzweck. „Technologie ist nicht mehr relevant. Wichtig ist, Wert zu schaffen. Es kommt nur noch auf das Kundenerlebnis an“, so Crespo, der aktuell für das Branchenmedium Fintech Magazine arbeitet. Deutlich wird das seiner Meinung nach bei den finanziellen Vorstellungen junger Menschen.

Gen Z und Millennials wollten nach seinen Angaben nicht in die Fußstapfen ihrer Eltern treten und bis zur Pension arbeiten (Anti-Work-Movement). Gleichzeitig wünschten sie sich finanzielle Freiheit, um die Arbeitswelt möglicherweise früher verlassen zu können (FIRE Movement: Financial Independence, Retire Early). Crispo erkennt in diesen beiden Bewegungen ein Muster, wie junge Menschen über Wohlstand denken: Sie wollen Vermögen aufbauen, wissen aber nicht wie. Plattformen wie die in Israel gegründete „Etoro“ besetzen diese Marktlücke der Orientierungslosigkeit.

Als „Finfluencer“ bietet das Unternehmen Copy-Trading an. Ohne jegliches finanzielle Vorwissen können Anwender:innen auf eigenes Risiko das Trading anderer User:innen nachahmen. „Wie kann man Kunden etwas erklären, das sie noch gar nicht kennen oder nicht wissen, dass sie es brauchen würden. Hier ist Design Thinking gefragt“, so Chris Crespo zum Auftrag der Designer:innen in der Finanzindustrie.

Auf den Spuren des Geldes

Die Zukunft der Finanzen sieht Keynote-Speaker Ndubuisi Anyaoku in der Verbindung von Diensten mit dem Bankkonto. „Alles, was wir in unserem Leben tun, ist mit unserem Geld verbunden. Warum also tun wir es nicht dort, wo das Geld lebt“, so Anyaoku, leitender Produkt Designer der Neobank Revolut. Als Beispiel wird die US-amerikanische Bank JPMorgan Chase & Co herangezogen, die mittlerweile zu den fünf größten Reiseanbietern in den USA  zählt.

Revolut verfolgt einen ähnlichen Ansatz. Mit dem Service „Stays“ können ihre Kunden ein Hotel direkt über die Bank buchen. So soll der Kundennutzen erhöht und das Angebot ausgebaut werden. Auch Anyaoku sieht die Notwendigkeit, die Komplexität von Finanzen aufzulösen: „Die beste Möglichkeit die User aufzuklären, ist zu zeigen, wie einfach und vorteilhaft alles zusammenhängt.“

Das Ende digitaler Barrieren

Mit dem Ziel, den digitalen Raum inklusiv zu gestalten, hat die EU den Europäischen Rechtsakt zur Barrierefreiheit verabschiedet. Ab 2025 werden Unternehmen, mit Ausnahmen von Kleinstunternehmen, ihre digitalen Produkte und Dienstleistungen weitgehend barrierefrei zugänglich gestalten müssen.

Als konkretes Beispiel dient eine Online Banking Plattform wie George, die für über 8,5 Millionen User:innen in sechs Ländern der Erste Group (Kroatien, Österreich, Rumänien, Slowakei, Tschechien, Ungarn) verfügbar ist und damit mehr Wörter zählt als alle Harry Potter Bücher zusammen. Das rechnet Stefanie Prinz vor, die den Bereich Platform UI/UX in der Bankengruppe verantwortet. Einfache Sprache gewinnt deshalb große Bedeutung für einen leichten Zugang. Die eigene Plattform George wird bereits seit vielen Jahren optimiert. „Barrierefreiheit dient nicht unbekannten Anwender:innen. Wir machen sie für unsere Freunde, Familie und alle Menschen, die unsere Services nutzen“, so Stefanie Prinz, die mit diesem Appell die George UX Conf abschloss.

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