Kommentar

Massenmedien: Klimakrise ist viel zu häufig eine Randnotiz

Die Klimakrise ist keine plötzliche Krise - sie kommt schleichend über Jahre. © Pexels
Die Klimakrise ist keine plötzliche Krise - sie kommt schleichend über Jahre. © Pexels

„Wir weiten den Blick auf das womöglich allergrößte Problem der Menschheit“ – die Anmoderation von Tobias Pötzelsberger in der „ZiB1“ scheint nach den schrecklichen Bildern aus der Ukraine beinahe ironisch. Dennoch ist der am 4. April präsentierte Bericht des Weltklimarates wohl auch jener, bei dem die Alarmglocken am lautesten schrillen sollten. Die Message ist klar: „Jetzt oder nie“. Wenn wir nicht sofort und drastisch auf die Klimakrise reagieren, ist das 1,5-Grad-Ziel endgültig außer Reichweite. Wir haben die allerletzte Chance, das Ruder mit aller Kraft herumzureißen, nicht unsere Kinder, nicht unsere Enkelkinder.

Berichte zu Weltklimabericht eher verhalten

Während der IPCC-Bericht in der „ZiB1“ um 19.30 Uhr immerhin fast 3 der 20 Minuten füllte, war er in der prominenteren ZiB2 um 22 Uhr bereits fast Schnee von gestern. Dort schaffte er es gerade einmal mit 30 Sekunden in den Anzeigenblock am Ende der Sendung. Immerhin auf orf.at erhielt der Bericht über Nacht einen prominenten Platz. Die Fernsehredaktion der deutschen Tagesschau ignorierte den Bericht hingegen komplett, zwei Onlineberichte kurz vor und eine 3-minütiges Audioaufnahme kurz nach der Pressekonferenz des UN-Weltklimarats deckten die Nachrichtenlage ab.

 

Von den österreichischen Massenmedien widmete immerhin „Der Standard“dem Event einen ausführlichen Bericht, Video und Kommentar, die restlichen Medien veröffentlichen eine obligatorische Meldung. Ähnlich sieht es in Deutschland aus. Während die „Zeit“ das Event sogar mit Live-Übertragung, einem ausführlichen Bericht, Interview und Podcast ehrt, belassen es die meisten anderen bei einer einfacheren Meldung.

IPCC: Politik ringt mit Wissenschaft

Man muss dazusagen, die letzte IPCC-Pressekonferenz war nicht das pressefreundlichste Event. Der Bericht allein umfasst fast 3.000 Seiten, die Zusammenfassung für Politiker:innen immerhin „nur“ noch 64. Diese Zusammenfassung war es auch, weshalb sich der Bericht verspätete. Delegierte verschiedener Regierungen gehen den Bericht nämlich Satz für Satz durch und können ihre Vetos einlegen. Wissenschaftler:innen versuchen hingegen ihrerseits, wichtige Passagen zu „retten“ und auch in der Zusammenfassung zu halten. Auf den endgültigen, vollständigen Bericht haben etwaige Vetos von Regierungsvertreter:innen keinen Einfluss.

 

Die Pressekonferenz wurde so vom 1. April auf den 4. April und dann noch einmal von 11 Uhr auf 17 Uhr verschoben, gerade noch rechtzeitig für die 20-Uhr-Nachrichten. Doch die Berichterstattung war verhalten. Vom sperrigen, wissenschaftlichen, mit Fußnoten durchlöcherten, seitenlangen Text musste man sich auf die generellen Hauptaussagen beschränken: „Dringender Systemwandel nötig“, „Risiken werden unterschätzt“, „Emissionen rasch reduzieren“. Die Überschriften hätten schon beim ersten Sachstandbericht 1990 gepasst.

Klimakrise als schleichende Gefahr

Leider, muss man fast sagen, ist die Klimakrise kein Ereignis, das die Menschheit auf einen Schlag trifft. Sie ist eine schleichende Gefahr, die sich oft versteckt und zum Teil zunächst nur indirekt sichtbar wird. Wir sind jedoch auf konkrete Bilder fokussiert. Tote in den Straßen von Butscha, steigende Preise in den Supermärkten, Impfpflichtdebatten in der Coronapandemie – diese Probleme treffen uns unmittelbar. Doch auch die Klimakrise trifft uns bereits unmittelbar – durch Dürren, Überschwemmungen, Hitzewellen, Artensterben. Die Zukunft sieht nicht rosig aus. Noch haben wir allerdings Zeit, unseren „Blick auf das womöglich allergrößte Problem der Menschheit“ weiten.

Wie könnte das funktionieren? Indem die Klimakrise in allen Ressorts „mitgedacht“ wird und ihre Auswirkungen beschrieben werden. Indem trockene, 3.000 Seiten lange Berichte entsprechend aufgearbeitet werden. Indem Menschen und auch Lösungen in den Vordergrund rücken. Indem man das richtige Maß an Alarmismus findet – nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig. Denn die Klimakrise ist besorgniserregend. Es liegt an uns, da zu ändern.

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