Analyse

Warum ist Bitcoin (k)ein Ponzi-Schema, Matthias Reder?

© Pixabay, Matthias Reder / Monatage Trending Topics
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Schneeballsystem, Pyramidenspiel, Ponzi-Schema – alle Jahre wieder kommen prominente Meinungen auf, dass Bitcoin ein ausgeklügeltes Betrugsschema sei, von dem Unbekannte Schummler massiv profitieren würden. Oder zumindest werden ganz gerne solche Vergleiche gezogen. Zuletzt hat Nassim Nicholas Taleb, Autor des Weltbestsellers „Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse“, in einem Interview gemeint, dass Bitcoin ein Spiel sei, das einem einem Schneeballsystem ähnelt.

Der kürzliche Tod von Bernard Lawrence „Bernie“ Madoff, der jahrzehntelang einen Investmentfonds nach einem Ponzi-Schema betrieben hat (Schadenssumme: mehr als 50 Mrd. Dollar), hat wieder vielen Anlass gegeben, darüber nachzudenken, ob Bitcoin nun auch ein solches Pyramidenspiel ist, an dessen Spitze Unbekannte stehen, die absahnen, während an der Basis immer neue Menschen dazu kommen, die blind ins System einzahlen.

„Ansonsten wäre auch Gold das ultimative Ponzi-Schema“

Auch Matthias Reder hat sich intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, ob Bitcoin nun ein Ponzi-Schema ist oder nicht. Er arbeitet seit März 2018 als Abteilungsleiter Compliance und AML (Geldwäschebeauftragter) bei österreichs ältestem Kryptowährungs-Händler Coinfinity in Graz. Dort ist er für die gesetzliche Umsetzung der Geldwäschevorschriften und der Verhinderung von Terrorismusfinanzierung zuständig und fungiert als Ansprechpartner für Banken und Behörden, außerdem ist er Beiratsmitglied der Digital Asset Association Austria (DAAA) sowie externer Lektor zum Thema Kryptoökonomie an der FH Burgenland.

„Es kann natürlich sein, dass Bitcoin in verschiedenen Aspekten an ein Ponzi-Schema erinnert, aber bei genauerer Betrachtung ist es keines. Ansonsten wäre auch Gold das ultimative Ponzi-Schema, und zwar seit Jahrtausenden“, sagt er im Gespräch mit Trending Topics. Reder nennt folgend verschiedene Punkte, die erkennen lassen, dass Bitcoin eben kein Ponzi-Schema ist. Die da unter anderem wären:

  • Keine Vermittlungsprovision:Es gibt bei Bitcoin keinen Mechanismus, der jemanden belohnt, wenn Bitcoin gekauft oder weiter empfohlen werden. Es gibt niemanden, der eine Vermittlungsprovision erhält, wenn er Bitcoin verkauft“, sagt Reder. Sicher kann man anderen Menschen empfehlen, auch Bitcoin zu kaufen – nur bekommt man nichts, wenn sie dann BTC kaufen. Sicher kann der Kurs in die Höhe gehen, aber das hängt nicht davon ab, ob man andere Menschen dazu bringt, BTC zu kaufen. Genauso kann der Bitcoin-Kurs auch fallen
  • Keine Referral-Struktur: Pyramidenspiele leben davon, dass ältere Teilnehmer neue Teilnehmer werben, um damit eine Stufe über ihnen im System zu stehen und so von ihren Einzahlungen zu profitieren. „Bei Bitcoin gibt es aber keine Vertriebsstruktur“, sagt Reder. Es gebe keine Sales-Mitarbeiter, die ausschwärmen und neue Teilnehmer anwerben, und dementsprechend gibt es auch keine Referral-Struktur, wie sie Pyramidenspielen imminent sind.
  • Keine versprochene Rendite: Internet-Betrüger, die Ahnungslose dazu bringen wollen, in ein Schneeballsystem einzuzahlen, werben oft mit hohen Zinsen und Renditen. Bei Bitcoin gibt es das nicht, im Whitepaper ist davon nichts zu finden. „Bitcoin verspricht keine Rendite und keinen Zins, es gibt nur Belohnungen, wenn man dem Netzwerk hilft“, sagt Reder. „Prinzipiell hat Bitcoin keinen Benefit für jemanden, der früh bei Bitcoin eingestiegen ist. Niemand kann den Kurs von Bitcoin prognostizieren. Beim Ponzi-Schema ist das anders, dort wird angegeben, wie viel Rendite in den nächsten Monaten und Jahren kommen soll“, sagt Reder.
  • Keine vorgegebenen Pakete: Wer Lust hat, einen ganzen Bitcoin zu kaufen, kann das genauso tun, wie sich einige wenige Satoshis zu kaufen. Sprich: Es gibt kein Limit oder Hürde, um bei Bitcoin mitmachen zu können. Beim Ponzi-Schema ist das in der Regel anders, da muss man zumeist mindestens Betrag X einzahlen, um mitmachen zu können – ansonsten würde das Schema nicht funktionieren und in sich zusammenbrechen.
  • Keine Werbung: Sicher gibt es zahllose Webseiten und Apps, die mit dem Handel von BTC werben – aber Bitcoin selbst wirbt nicht. Es gibt keine Marketing-Botschaften, keine Viral-Kampagnen, keine Massen-E-Mails, die versuchen, die Menschen zu ködern. Zwar gibt es einen Namen eines oder mehrerer Unbekannter (Satoshi Nakamoto), aber diese treten nicht in Erscheinung und locken niemanden, bei Bitcoin mitzumachen.
  • Keine zentrale Ausgabestelle: „Es gibt keine zentrale fixe Bezug- oder Ausgabestelle von Bitcoin. Durch das dezentrale Proof of Work Verfahren erhalten immer unterschiedliche Miner den Auftrag der kryptografischen Verschlüsselung der Transaktionen und erhalten aktuell 6,25 Bitcoin dafür“, sagt Reder. „Daher verteilt sich dieser Reward mehr oder weniger gleichmäßig aliquot auf alle diejenigen die Rechenleistung bereit stellen. Das heißt, dass neue Bitcoins immer von unterschiedlichen Teilnehmern verkauft werden, nie aber zentral über eine Abwicklungseinheit passiert.“

Finanzmarktaufsicht warnt vor Anlagebetrug bei Krypto-Assets

Bitcoin als Vorlage für Betrugsmaschen

Was man aber auch festhalten muss: Auch wenn Bitcoin selbst kein Ponzi-Schema ist, so hat die Kryptowährung weltweit doch zahllose Betrüger dazu inspiriert, sie dazu zu missbrauchen, um andere hineinzulegen. So wurden in den letzten Jahren etwa OneCoin oder Optioment als Betrügereien entlarvt, die zahllose Menschen mit großem finanziellen Schaden hinter sich ließen.

Auch die österreichische Finanzmarktaufsicht warnte in den vergangenen Monaten und Jahren immer wieder eindringlich vor Betrugsmodellen, in denen Krypto-Assets eingesetzt werden:

„Bei dieser Betrugsform werden Kundengelder in Form von Bitcoin, Ripple, Ethereum etc. unter Versprechung utopisch hoher Renditen und geringem Risiko eingesammelt. Gewinne werden häufig anfangs auch tatsächlich ausbezahlt, allerdings werden diese nicht durch den Verkauf eines bestimmten Assets erzielt. Stattdessen erhalten frühere Kunden Gewinnzahlungen aus den Geldern neuer Kunden. Sobald allerdings ein größerer Teil der Anleger auf einmal eine Auszahlung der Gewinne verlangt oder keine neuen Kunden hinzukommen, bricht das System zusammen.“

Wie kann man solche Betrugssysteme also erkennen? Dafür gibt es mehrere Hinweise, bei denen die Alarmglocken läuten sollten, und zwar:

  • Man wird unaufgefordert kontaktiert: Laut FMA ist esverboten, dass Unternehmen von sich aus Personen kontaktieren, um ihnen etwas zu verkaufen.
  • Kein Impressum: Auf der Webseite des Anbieters gibt es kein Impressum bzw. es ist schwer bis unmöglich herauszufinden, wer hinter dem Angebot steckt
  • Unrealistisch hohe Renditen: Wem die plötzliche wundersame Geldvermehrung mit ein paar Klicks versprochen wird, sollte gleich skeptisch sein und besser die Finger davon lassen
  • Nicht zugelassen: Wenn man herausfinden kann, um welche Firma es sich handelt, sollte man sie sich genauer ansehen. Vertrauenswürdige Finanzdienstleister sind werden von der FMA zugelassen und beaufsichtigt. Mehr Infos hier.

Finanzmarktaufsicht warnt vor starker Zunahme von Pump & Dumps

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