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Schaufler: „Wir haben 16 Millionen Kunden, das kann kein Fintech so schnell abbilden“

Thomas Schaufler, Mitglied des Vorstands der Erste Bank. © Erste Bank
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Thomas Schaufler hat seit dem 1. Februar 2016 im Vorstand der Erste Bank die Verantwortung für das Privatkundengeschäft. Der 48-Jährige begann seine Karriere 1993 in der GiroCredit. Seit über 20 Jahren ist er in der Erste Bank in verschiedenen Führungsfunktionen tätig. Neben seiner Verantwortung für das gruppenweite Wertpapiergeschäft war er auch in der Fondsgesellschaft „Erste Asset Management“ als Geschäftsführer tätig. Wir haben mit Thomas Schaufler über flache Hierarchien in großen Instituten, den Gründermythos als Werbestrategie, Talentemangel und den nötigen Respekt vor den Fintechs gesprochen.

Trending Topics: Sind Unternehmensgründer ein wichtiger Kundenkreis für die Erste Bank?

Thomas Schaufler: Man muss zwei Kundengruppen unterscheiden: Startups und Gründer. Startups machen zwei oder drei Prozent aller Gründer in Österreich aus. Für uns ist der Gesamtkuchen mit allen Frisören, Handwerksbetrieben und Imbissständen interessanter. Der hat gewaltige Relevanz für die Wirtschaft und die Politik. Dort entstehen Leverage-Effekte und Arbeitsplätze. Deshalb haben wir mit dem Gründercenter auch eine konkrete Anlaufstation geschaffen. Das ist kein Marketing-Gag, sondern da sitzen spezialisierte Frauen und Männer, die alle Regeln und Vorschriften richtig interpretieren können und echte Beratung und Hilfe leisten können. Die Gründer entwickeln sich durch die kompetente Beratung für uns zu Multiplikatoren. Tragen den Gründergeist und unsere Unterstützung in den eigenen Bekanntenkreis. So entstehen schöne gemeinsame Effekte.

Die Werbeclaims „Glaub an dich“ und „Wir dürfen nur nie aufhören zu träumen“ sind klassische Termini aus der Startup-Ideologie. Weshalb nutzt man diese Aufforderungen?

Die Sprüche werben auch nach innen, unsere eigenen Leute sollen sich auch trauen, Ideen  umzusetzen. Heutzutage muss alles schneller gehen, deshalb müssen wir neue Akzente setzen. Wir kommen aus einer Kultur der verstaubten Büros wie am Graben. Dort hatte jeder Mitarbeiter seine 15 Quadratmeter mit Topfpflanze und man traf sich höchstens auf den Fluren oder hat sich E-Mails geschickt. Das war es dann mit der Kommunikation. Abteilungsübergreifende Projekte dauerten dementsprechend Jahre. Der Erste Campus ist offen und unterstützt mit seiner Architektur den Austausch der Menschen untereinander. Das trägt dazu bei, dass ähnliche Projekte jetzt in sechs Monaten umgesetzt werden können.

Schlägt sich der Gründerethos auch auf neue Produkte durch?

Bei den Produkten tun wir uns schwer. Im Gegensatz zur Unternehmenskultur können wir die Gestaltung nicht so gut beeinflussen. Denn bei allem, was die Kunden direkt betrifft, müssen wir streng darauf achten, was die Regulatoren dazu sagen. Startups stehen oft vor dem Problem, dass sie eine gute Idee haben, aber halt noch keinen Business Case. Dann wird das Risiko für uns zu groß. Der Kredit wird als nicht rückzahlbar eingestuft, wir können das Unternehmen nicht bewerten und müssen den Kredit eigentlich direkt abschreiben oder wir lassen es gleich bleiben.  Und Abschreibungen mag keine Bank gerne.

Der Erste Vision Capital Funds zielt doch genau in diese Richtung…

Wir wollten mit Vision Capital einen Schritt zur Seite machen. Das ist nicht das ganz große Geschäft. Es ist keine Kreditfinanzierung, aber es entwickelt sich. Aktuell haben wir dort keine Ausfälle, wir achten penibel auf die Qualität. Auch dort verschenken wir kein Geld.

Kann man die Risikoklassen für Startups nicht anders kategorisieren, um Finanzierungen zu erleichtern?

Die Regulatoren schauen alle paar Jahre vorbei und achtet penibel darauf, wie wir Assets einstufen. Wir werden an den Risikoklassen nichts verändern. Wir können gemeinsam mit Förderstellen ein Rahmenangebot darstellen, wo wir unterstützend eingreifen können. Aber das ist das Ende der Fahnenstange.

Wie sehen Sie die Entwicklung in den Regionen? Wo sehen Sie noch großes Potenzial?

Wo Unternehmen sind, entsteht auch ein innovatives Umfeld. Neben Wien entwickeln sich in Linz, Graz, Salzburg und ganz Vorarlberg prächtig. Unsere Idee ist mit der #glaubandich-Challenge den Gründergedanken auch in allen anderen Regionen zu fördern. Und ich bin mir sicher, dass wir staunen werden, welche kreativen Köpfe da noch auf ihre Entdeckung warten.

Ist der Startup-Peak langsam vorbei?

Wir sollten nicht erwarten, dass in jedem zweiten Monat ein Runtastic entsteht. Mir wäre lieber, wenn wir einen guten und seriösen Mittelbau bekommen und sich eine breite Basis entwickelt. Die Bäume wachsen in Österreich nicht in den Himmel. Der ein oder andere Exit ist wunderbar, aber wir sollten uns richtig einordnen. Prinzipiell tut es der Branche aber gut, wenn sich der Hype abkühlt. Startups werden zu einem ganz normalen Wirtschaftszweig.

Wie sehen Sie die Weiterentwicklung im Fintech-Sektor?

Es gibt eine starke Diversifizierung. In unserer Branche haben sich zuerst alle neuen Unternehmen auf den Zahlungsverkehr gestürzt, dann auf die Wertpapierveranlagung. Ein oder zwei haben jeweils überlebt, der Rest ist wieder verschwunden. Jetzt geht es in Richtung Versicherungsgeschäft.

Haben Sie Angst, disruptiv angegriffen zu werden?

Angst macht selten Sinn. Wir haben Respekt vor den Fintechs, keine Angst. Wir haben es geschafft, uns von der Agilität etwas abzuschauen. Früher haben Projekte zwei Jahre gedauert, den Online-Konsumkredit haben wir in sechs Monaten umgesetzt. Wir haben uns zur Aktivität entschieden und uns gelingt das agile Management immer besser. Kontoöffnungen funktionieren jetzt mit einem Klick und nicht mehr mit 80 Unterschriften. Wir als Bank haben einen gewissen Vorteil mit insgesamt 16 Millionen Kunden in der Gruppe. Das kann so schnell kein Fintech abbilden.

Wie gehen Sie auf Talente zu? Entwickler sind ja auch in den Banken Mangelware.

Wir sind mittlerweile unter den Top3-Arbeitgebern in Österreich. Wir finden trotzdem kaum guten Nachwuchs. George war ein Erfolg, auch für die HR-Abteilung. Wir suchen immer noch nach guten Leuten. Wer grade einen Job braucht, bitte einfach bei mir anrufen.

Dieses Interview entstand im Rahmen einer Kooperation mit der Erste Group AG. 

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