Analyse

Wirecard: Jetzt kann die Konkurrenz zuschnappen

Wirecard meldete am 25.06. Insolvenz an.
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Boom, das ging schnell. Die Wirecard AG hat heute, Donnerstag, wegen fehlender 1,9 Milliarden Euro Insolvenz angemeldet, es droht die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Die Schulden des Unternehmens belaufen sich auf satte 3,5 Milliardne Euro. Geprüft wird auch, ob auch Insolvenzanträge für Tochtergesellschaften der Wirecard-Gruppe gestellt werden müssen. Ein einstiger deutscher Fintech-Riese liegt am Boden und zerstört fürs erste die Hoffnungen, dass ein globaler Tech-Champion von Europa aus die Welt erobern kann.

Es sind 313.000 Kunden, die Wirecard eigenen Angaben betreut. Sie bekamen von der deutschen Firma Payment-Lösungen für ihre Online-Shops oder ihre physischen Geschäfte, damit Kunden „cashless“ und mobil zahlen können. Grab, GetYourGuide, WeChat Pay, Orange Bank, Ikea, Klarna, REWE (Billa und Bipa in Österreich), KLM – das sind unter anderen Unternehmen, die auf die eine oder andere Art bei Bezahl-Diensten mit Wirecard zusammen arbeiten. Als Endkonsument merkt man es nicht, dass da oft Wirecard dahintersteckt, wenn man im Netz oder offline mit Kreditkarte oder Handy bezahlt.

Und: Wirecard ermöglichte es dank Banklizenz und Partnerschaften mit Kreditkartenfirmen, dass andere Unternehmen Kreditkarten herausgeben können. Darauf bauen etwa Krypto-Startups wie Crypto.com oder TenX.

Große Kunden springen ab

Wer nun die Wirecard-Webseite in den letzten Tagen beobachtet hat, der wird auch bemerkt haben, dass vorher prominente Kundenlogos nach und nach verschwinden. Grab, ein südostasiatischer Uber-Konkurrent, die französische Orange Bank und die britische Challenger-Bank Revolut haben die Partnerschaften mit Wirecard bereits abgestellt und wollen auf alternative Anbieter ausweichen, andere Unternehmen prüfen noch – die nächsten Tage werden aber noch viele mehr solcher Meldungen bringen.

Wenn nun potenziell 313.000 Kunden in einer Situation sind, in der sie sich eine Alternative suchen müssen oder wollen, dann ist die Zeit der Konkurrenten gekommen. Bei Payment-Systemen für Online bzw. Offline kommen Branchenkennern sofort Stripe, Adyen, Checkout.com, Heidelpay oder Square in den Sinn.

Banking as a Service

Und: Im Geschäftszweig „Herausgabe von Zahlungsmitteln“, der etwa TenX und Crypto.com die Möglichkeit eröffnet hat, selbst Kreditkarten herauszugeben, hat sich in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Anbietern etabliert, die „Bank as a Service“ (BaaS) anbieten – also anderen Unternehmen die Plattform bieten, um selbst als eine Art N26 auftreten zu können (Bemerkung am Rande: N26 war selbst Wirecard-Kunde, bevor es sich eine Banklizenz holte).

BaaS-Startups und -Firmen wie ClearBank (London), Marqueta (USA), Solaris Bank (Deutschland) oder die paybox Bank AG (A1-Tochter aus Österreich) stehen bereit, um jene anderen Unternehmen zu empfangen, die von Wirecard weg müssen oder weg wollen. Auch Startups, die Kreditkartenprojekte mit Wirecard in der Pipeline hatten, müssen sich nun nach Alternativen umsehen.

Wer kauft die Überreste?

Der Fall von Wirecard wird auch Großbanken und IT-Riesen auf den Plan rufen. Jetzt ist es sogar wahrscheinlich, dass sich ein Großer die Überreste von Wirecard schnappt – Technologie, Personal und Kunden sind ja vorhanden, nur das Vertrauen (und 2 Milliarden Euro) fehlen. Amazon, Google, Apple, Facebook – sie alle werden zumindest überlegen, ob sie sich Wirecard günstig schnappen wollen. Nicht zu vergessen die traditionellen Banken, die jetzt eine Möglichkeit sehen. Beispiel Bank of America: Sie hat ihre Beteiligung und ihre Aktien an Wirecard in den letzten Tagen aufgestockt. Es wird also spannend.

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