Interview

Bitcoin Austria: „Für Menschen im Bitcoin-Standard ist Volatilität kein Thema mehr“

Johannes Grill, Präsident von Bitcoin Austria. © J Grill / André François McKenzie on Unsplash / Montage: Canva
Johannes Grill, Präsident von Bitcoin Austria. © J Grill / André François McKenzie on Unsplash / Montage: Canva
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„Established 2011“ steht stolz unter dem Logo des österreichischen Vereins, der zur Förderung des Einsatzes und der Verbreitung von Bitcoin in Österreich gegründet wurde. Bitcoin Austria, angeführt von Präsident Johannes Grill ist also bereits drei Jahre, nachdem Satoshi Nakamoto sein Whitepaper veröffentlicht hat, aktiv geworden – lange, bevor das Krypto-Asset in den Fokus des Mainstreams geriet. Bei dem Verein sind auch Podcasterin Anita Posch oder der Krypto-Unternehmer Andreas Petersson aktiv.

Im aktuellen Interview spricht Grill mit Trending Topics darüber, was es bedeutet im Bitcoin-Standard zu leben, warum Bitcoin immun gegen Verbote ist und dass er dem Finanzminister rät, einen Teil der liquiden Mittel der Republik in Bitcoin zu halten.

Trending Topics: Bitcoin ist aus den Schlagzeilen nicht mehr wegzudenken. Habt ihr Schätzungen, wie viele Österreicher aber auch BTC besitzen?

Johannes Grill: Nein. Das ist auch nicht seriös zu ermitteln. „Niemand wird es je erfahren“, fasst es ganz gut zusammen (mehr dazu hier).

Der neuerliche Boom von Krypto-Assets wird von Marktbeobachtern zumeist auf das hohe Interesse seitens institutioneller Investoren zurückgeführt. In den USA gibt es bekannte Unternehmen, die investieren, in Europa sind nur wenige bekannt. Warum ist das so?

Börsennotierte Unternehmen unterliegen Veröffentlichungspflichten, in den USA gibt es deutlich mehr solche Unternehmen. Elon Musk und ganz besonders Michael Saylor von Microstrategy haben besonders in den USA eine starke Vorbildwirkung für weitere Unternehmen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass aber auch bei österreichischen Unternehmen und Institutionellen das Interesse an Bitcoin-Investments deutlich zugenommen hat – und trotzdem stehen wir hier erst am Beginn einer langen Entwicklung.

Eine Absicherung gegen die Entwertung von Fiatgeld – das ist ein oft wiederholtes Argument für institutionelle BTC-Investments. Hältst du das für richtig?

Der ständige Kaufkraftverlust von Fiatgeld ist unumstritten. Da ist es höchst sinnvoll nach werthaltigen Alternativen zu suchen. Mit Bitcoin steht der Menschheit die härteste und widerstandsfähigste Geldform aller Zeiten zur Verfügung, gleichzeitig treibt Bitcoin eine gewaltige Innovationswelle voran. Wer das erkennt, kommt an Bitcoin nicht vorbei – egal ob als Privatperson oder Multimilliarden-Unternehmen.

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Von österreichischen Startups bis zu internationalen Payment-Riesen – viele Markt-Player wollen Krypto-Zahlungen online wie stationär erlauben. Gibt es überhaupt Potenzial dafür? Warum sollten Nutzer bei derartiger Volatilität mit BTC, ETH oder dergleichen bezahlen?

In der Übergangszeit macht es durchaus Sinn für Zahlungsdienstleister, Brücken von Bitcoin in die Legacy-Finanzwelt anzubieten. Für Menschen im Bitcoin-Standard ist Volatilität eigentlich kein Thema mehr, mittel- und langfristig steigt deren Kaufkraft. Zum direkten Bezahlen mit Krypto: Warum sollte man seine Bitcoins zu Handelsplattformen transferieren, dort verkaufen, eine Auszahlung auf ein herkömmliches Bankkonto beantragen und anschließend hoffen, dass die Bank die Gelder nicht blockiert, weil die Transaktion ja etwas mit „Krypto“ zu tun habe? Ich meine, eine direkte Bitcoin-Zahlung ist deutlich einfacher, schneller und sicherer.

Was bedeutet es, „im Bitcoin-Standard“ zu leben?

Bitcoin ist da wie Sprache. Wenn man eine neue Sprache lernt und sie verinnerlicht, beginnt man irgendwann in Bitcoin zu denken. Bitcoin wird zur Referenz, zum neuen Standard. Insbesondere bei größeren Beträgen ertappe ich mich immer öfter, dass ich den Wert in Bitcoin denke. Interessant dabei ist, dass Leute im FIAT-Standard häufig über die Teuerung jammern, im Bitcoin-Standard die meisten Dinge aber günstiger werden.

Würdest du einen Tesla mit BTC bezahlen?

Gerne. Wobei es natürlich Sinn macht, zuerst das weniger werthaltige Geld auszugeben.

Indien will Bitcoin gegen Strafe verbieten lassen. Denkst du, dass auch in Europa und Österreich oder den USA so etwas möglich wäre? Sind strengere Regulierungen zu erwarten?

Ich hoffe nicht, dass sich Europa oder die USA in totalitäre Staaten verwandeln und Bitcoin verbieten. Für diese Staaten wäre das ein Schuss ins eigene Knie, ein Nivellieren nach unten. Bitcoin selbst ist immun gegen Verbote. Die betroffenen Menschen würden wahrscheinlich noch schneller erkennen, welche Bedeutung Bitcoin für ihre Freiheit hat. Regulierung im Sinne von klaren Regeln und Rechtssicherheit ist zu begrüßen. Es zeigt sich aber immer wieder, dass die Regulierungsbürokratie nicht mit der Geschwindigkeit von Innovationen mithalten kann.

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Ich habe kürzlich kommentiert, dass Bitcoin letztlich nur eine Glaubensfrage ist und keinen Wert an sich hat, sondern davon lebt, dass ein Netzwerk an Menschen an das Asset glaubt. Worin liegt für dich der Wert von Bitcoin?

Für manche mag Bitcoin eine Glaubensfrage sein, tatsächlich ist Bitcoin aber nur eine Technologie. Eine Technologie, die uns direkten, globalen Werttransfer ermöglicht und dabei ganz ohne Vertrauen auskommt. Eine Technologie, die das knappste Gut, das die Menschheit je kannte, hervorbringt und so auf ganz natürliche Weise immer mehr zum unmittelbaren Wertträger wird. Eine Technologie, die erstmals allen Menschen einen freien und gleichen Zugang zum globalen Wirtschaftsleben ermöglicht.

Die Begeisterung, die das Verständnis dieser Technologie hervorruft, kann von Außenstehenden schon mal wie Religion wahrgenommen werden, das will ich niemandem vorwerfen. Bevor man Bitcoin jedoch verteufelt, sollte man sich mit dem vermeintlichen Hassobjekt gründlich auseinandersetzen. Kritiker, die Bitcoin verstanden haben, sind eine extrem seltene Spezies.

Ein „freier und gleicher“ Zugang zum globalen Wirtschaftsleben ist ein schönes Ziel. Allerdings zeigt sich bei Bitcoin analog zum globalen Wirtschaftssystem, dass wenige viel haben und die meisten wenig bis gar nichts. Warum sollte das Bitcoin ändern?

Der freie und gleiche Zugang ist dank Bitcoin Realität. Manche nutzen die neuen Möglichkeiten früher, manche später, manche gar nicht. Dafür ist allerdings jeder selbstverantwortlich. Menschen mit „wenig“ konnten übrigens von Anfang an Bitcoin nutzen, für große Investoren war Bitcoin in früheren Jahren noch nicht geeignet.

Zum Wert von Bitcoin: Meiner Meinung nach entsteht der Wert von BTC, weil sich Menschen auf einen Preis einigen, der Wert ist nicht einfach nur intrinsisch in der Technologie. Resultiert der Wert von Bitcoin aus dem Netzwerk von Menschen, die BTC haben?

Hier ist eine saubere Trennung gefragt. Der Wert oder auch innere Wert ist der eigentliche Nutzen eines Guts oder wie hier bei Bitcoin, der Nutzen einer Technologie. Dieser Wert wird wiederum von jedem subjektiv bewertet – so wie etwa ein Liter Wasser alles von nahezu wertlos bis lebensrettend sein kann. Verwenden nun mehr Menschen Bitcoin, wirkt der Netzwerkeffekt. Gleichzeitig rollt eine gewaltige Innovationswelle. Bitcoin wird so immer nützlicher und damit auch intrinsisch wertvoller. Der Wert resultiert also aus den Möglichkeiten, die Bitcoin bietet.

Der aktuelle Preis in Fiat-Währung bildet hingegen „nur“ die Summe der Markterwartung aller Marktteilnehmer ab und die haben unterschiedlichste Motive. Da spielen kurz- und langfristige Überlegungen genauso eine Rolle wie externe Faktoren von der Geldpolitik der Zentralbanken bis hin zu Tweets von irgendwelchen Promis.

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Krypto-Assets wird vorgeworfen, zur Geldwäsche eingesetzt zu werden. Wie groß ist das Problem wirklich?

Ich rate dringend davon ab, zur Geldwäsche ein System zu verwenden, wo die Spuren unveränderbar für alle Ewigkeiten gespeichert werden. Das herkömmliche Finanzsystem ist dazu deutlich besser geeignet.

Bitcoin ist in Österreich besteuert, aber wenn man es länger als ein Jahr hält, fällt die Steuer weg. Denkst du, dass es angesichts der starken Preissteigerungen und der Corona-Krise, die große Löcher in die staatlichen Budgets gerissen hat, bald neue Steuern auf Krypto-Assets geben könnte?

Lieber Herr Finanzminister, falls Sie Trending Topics lesen: Ich empfehle zumindest einen Teil der liquiden Mittel der Republik in Bitcoin zu halten. Die EZB stellt Euros in beliebiger Höhe ohnehin kostenlos zur Verfügung. Wenn Österreich es schafft, hier bei den Ersten zu sein, können wir in Zukunft wieder mehr über sinnvolle Mittelverwendung diskutieren, als über neue Steuerbelastungen für die Menschen in unserem Land.

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