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Doktor AI? Wo künstliche Intelligenz in der österreichischen Medizin-Branche bereits mithilft

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Sind Computer die besseren Ärzte? Diese Frage bewegt Mediziner, Computerwissenschaftler und Sozialforscher gleichermaßen. Und die Antwort lautet wohl ja und nein. Wenn es zum Beispiel darum geht, auf Bildbefunden Anomalien zu erkennen und diese mit Dutzenden bis Tausenden anderen Fällen zu vergleichen, ja. Wenn es aber etwa darum geht, genau zuzuhören und die individuellen Lebensumstände eines Patienten in Diagnostik und Therapie einfließen zu lassen, nein. Artificial Intelligence kann in der Medizin aber nicht nur bei der Diagnostik helfen – sie übernimmt auch langweilige Routine-Aufgaben und viele Verwaltungsschritte.

„Unsere Vision ist es Ärzte und Versicherungen in der Diagnostik und Verwaltung von Routine-Aufgaben zu befreien“, sagt Sinan Tankaz, der seit April die neu geschaffene Abteilung Artificial Intelligence bei Kapsch BusinessCom leitet. Kapsch arbeitet an drei unterschiedlichen Projekten in diesem Bereich: Künstliche Intelligenz soll in der Diagnostik von Leberzirrhose helfen. Dazu trainiert Kapsch eine AI in der Bildanalyse zur komplett automatischen Erkennung der Leberschädigung. Am weitesten fortgeschritten ist die Technologie aber in der intelligenten Analyse von Dokumenten – und davon gibt es im medizinischen Bereich sehr viele.

Komplizierten Wechselwirkungen auf der Spur

„Wir durchforsten Arztbriefe und Verordnungen mit unserer AI Engine“, erklärt Tankaz. Die künstliche Intelligenz findet sich in den unstrukturierten Dokumenten komplett selbstständig zurecht. Sie sammelt Informationen über Medikation, Inhaltsstoffe, Wirkstoffe, Dosierung, Symptome und Krankheitsverlauf. Das hilft einerseits dabei, den Einsatz von Medikamenten zu optimieren. Und die AI ist Ärzten in einem ganz konkreten Fall überlegen: „Die meisten Ärzte sind nicht mehr in der Lage, die komplexen Zusammenhänge, die es bei Patienten mit sehr vielen Medikamenten gibt alle einzeln zu analysieren. Eine AI Engine kann das aus unstrukturierten Dokumenten extrahieren und aufgrund von internationalen Datenbanken herausfinden, ob es Wechselwirkungen gibt“.

Österreichische Krankenhäuser und Versicherungen stehen nach der Einschätzung von Tankaz erst am Anfang. Es sind vor allem private Versicherungsträger, die sich für die Automatisierung interessieren. „Derzeit sind es die Privatversicherungen, die bei uns den Takt angeben. Die arbeiten agil, bauen Schritt für Schritt kleinere Proof-of-Concepts, die die Organisation nicht überlasten“. Für Versicherungen bedeutet die Automatisierung bei unstrukturierten Dokumenten eine enorme Erleichterung.

Die AI kann bereits jetzt automatisch erkennen, um was es in den hunderten E-Mails geht, die bei einer Versicherung täglich eingehen und sogar jeden Anhang analysieren, selbst, wenn es sich um handschriftliche Anmerkungen handelt. „Die Engine erkennt um welche Leistung es sich handelt, überprüft dann, ob das plausibel ist und ob die Leistung im konkreten Fall von der Versicherung gedeckt ist“, erklärt Tankaz. Im nächsten Schritt würde die künstliche Intelligenz mit Rückfragen auf das Krankenhaus zukommen – etwa, wenn ein Datum oder eine andere Information fehlt. Das scheitere derzeit allerdings laut dem Experten meistens an den vorhandenen IT-Systemen.

100.000 Mails lesen und lernen

Eine künstliche Intelligenz aufzubauen ist aufwändig. Es braucht viele Daten und viel Zeit. Kapsch setzt die Grenze bei etwa 10.000 Datensätzen an. Gibt es zu wenige Daten, könnten regelbasierte Systeme sinnvoller sein, meint Tankaz. Eine trainierte AI funktioniert selbstständig ohne Regeln. Die Engine lernt, die Abläufe, die sie übernehmen soll, zu verstehen. Bei Versicherungen klappt das deshalb sehr gut, weil die Abläufe gut dokumentiert sind. „Viele Schritte, die derzeit manuell erledigt werden, werden auch getrackt“, so Tankaz. „Die Versicherung zeigt uns 100.000 Mails der letzten Monate und wie die genau indiziert wurden. Wir füttern dann unsere AI Engine mit dem Mail und der Indizierung. Beim 100.000 und ersten Mal schicken wir dann nur noch die Mail zur AI und die Engine spuckt aus, welche Wahrscheinlichkeiten für welche Indizierungen dieses Mails gegeben sind“.

Hoher Qualitätsanspruch in der Medizin

So hoch das Potenzial, so schwierig ist allerdings die Entwicklung von künstlicher Intelligenz für den direkten Einsatz im medizinischen Bereich. Große AI-Anwendungen wie etwa Google Translate werden erst durch Erfahrung am Markt wirklich gut. „Das heißt: Zwei Jahre lang läuft das Tool eben nicht optimal. Diesen Qualitätsanspruch würde man bei uns nicht durchgehen lassen“, erklärt Tankaz. Dazu sind medizinische Daten zu sensibel. Man denke nur an einen Translator, der Arztbriefe in allgemein verständliche Sprache übersetzen würde – eine Lösung, die nicht nur Patienten, sondern auch Ärzten selbst helfen würde, wie Studien zeigen. Wenn aber nur mit einer Erfolgsquote von 60 Prozent in den Markt starten und erst dann dazulernen würde, hätten etliche Anwender ein möglicherweise folgenreiches Problem.

Um die Qualität bei der Entwicklung von AIs in diesem sensiblen Bereich gewährleisten zu können, arbeitet Kapsch in Österreich mit vielen Universitäten und Instituten zusammen und arbeitet mit anonymisierten österreichischen Daten. „Wir sind kein Trittbrettfahrer bei einer großen internationalen Welle, es sind konkrete österreichische Daten, die hier in Österreich anonymisiert und annotiert werden und mit denen unsere Engines hier lernen“, erklärt Tankaz.

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