Corona-Jahr bringt einen neuen, unerwarteten Rekord bei IPOs – und die Angst vor der Blase
Im März hätte daran wohl niemand geglaubt, aber jetzt steht es fest: Im dritten Quartal 2020 wurde ein Rekord bei Börsengängen weltweit verzeichnet. Die Börsen weltweit verzeichneten in den vergangenen drei Monaten mit 447 Börsengängen und einem Emissionsvolumen von insgesamt 95 Milliarden US-Dollar das stärkste dritte Quartal seit 20 Jahren, heißt es in einer aktuellen Analyse des Unternehmensberaters EY. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg die Zahl der IPOs um 78 Prozent, das Emissionsvolumen hat sich sogar mehr als verdoppelt (plus 138 Prozent).
Wie bereits berichtet gab es dieses Jahr vor allem einen Boom bei Tech-IPOs. Palantir, Asana, Snowflake, Vroom, Rackspace, Lemonade, und so weiter und so fort: Gerade bei Scale-ups gibt es dieses Jahr den Zug zur Börse. Auch die IPOs von BioTechs sind dieses Jahr, natürlich auch getrieben durch die Corona-Krise, sehr beachtenswert – etwa jener von CureVac. 38 Prozent des weltweiten Emissionsvolumens – das entspricht 36 Milliarden US-Dollar – entfielen auf Technologie-Börsengänge, 18 Prozent (17 Milliarden US-Dollar) auf Healthcare-Unternehmen. Die weltweit größte Transaktion im dritten Quartal war der Börsengang des chinesischen Chip-Herstellers Semiconductor Manufacturing International, der 7,5 Milliarden US-Dollar einbrachte, gefolgt vom US-Software-Unternehmen Snowflake (3,9 Milliarden US-Dollar) und dem chinesischen Immobilienunternehmen KE Holdings (2,4 Milliarden US-Dollar), rechnet EY vor.
Alles anders 2020
„In diesem Jahr ist alles anders“, sagt Gerhard Schwartz, Partner und Leiter des Assurance-Bereichs bei EY Österreich. „Ausgerechnet das traditionell schwache dritte Quartal erweist sich nun als das stärkste des bisherigen Jahresverlaufs.“ Dafür gibt es einige Gründe, über die Trending Topics bereits ausführlich berichtet hat. Sie lassen sich in etwa so zusammen fassen: beschleunigte Digitalisierung, hungrige Investoren auf der Suche nach guten Anlagemöglichkeiten für ihr Geld, spannende Geschäftsmodelle bei Tech-Firmen und der Druck, den Börsengang noch vor der US-Wahl im November über die Bühne zu bringen. EY führt außerdem hohe Liquidität im Markt, hohes Bewertungsniveau und niedrige Volatilität als Gründe für die gute Stimmung an den Börsen an.
Tech und Health sind die beiden wichtigsten Bereiche dieses Jahr, wie die EH-Analyse zeigt. 38 Prozent des weltweiten Emissionsvolumens (ca. 36 Milliarden US-Dollar) entfielen auf Technologie-Börsengänge, 18 Prozent (17 Milliarden US-Dollar) auf Healthcare-Unternehmen. Die weltweit größte Transaktion im dritten Quartal war der Börsengang des chinesischen Chip-Herstellers Semiconductor Manufacturing International, der 7,5 Milliarden US-Dollar einbrachte, gefolgt vom US-Software-Unternehmen Snowflake (3,9 Milliarden US-Dollar) und dem chinesischen Immobilienunternehmen KE Holdings (2,4 Milliarden US-Dollar).
China vor USA und Europa
Europa sieht neben den USA und China etwas alt aus. In China (einschließlich Hong Kong) wuchs das Emissionsvolumen um 139 Prozent auf 46,4 Milliarden US-Dollar, die Zahl der Transaktionen kletterte von 86 auf 217 – ein Anstieg um 152 Prozent. In den USA hat sich die Zahl der IPOs im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 38 auf 85 mehr als verdoppelt, das Emissionsvolumen hat sich von 11,7 auf 33,1 Milliarden US-Dollar sogar fast verdreifacht.
Auch in Europa stieg die Zahl der Börsengänge – allerdings weniger stark als in den anderen wichtigen IPO-Märkten: Das Emissionsvolumen kletterte um 51 Prozent auf 6,2 Milliarden US-Dollar, die Zahl der IPOs wuchs um 56 Prozent auf 39.
Angst vor der Blase
Wird es in der Tonart weitergehen? Mit dem IPO des chinesischen Fintechs Ant Group (Trending Topics berichtete) steht der womöglich größte IPO aller Zeiten vor der Tür, der sogar jenen des saudischen Ölriesen Saudi Aramco in den Schatten stellen könnte. In den USA scharrt bereits Airbnb in den Startlöchern. Aber uneingeschränkte Euphorie sollte es nicht geben.
„Das vierte Quartal und der Beginn des kommenden Jahres werden auch geprägt sein von den Risiken potenziell steigender Infektionszahlen und von den anhaltenden Spannungen zwischen China und den USA. Hinzu kommen als Unsicherheitsfaktoren der Brexit und die bevorstehenden US-Wahlen“, so Schwartz. Auf globaler Ebene führe die Diskrepanz zwischen der schwachen konjunkturellen Entwicklung einerseits und den hohen Börsenbewertungen andererseits bei den Anlegern zu Befürchtungen, dass sich am Horizont eine Blase abzeichne, meint Schwartz: „Das kann zu weiteren Reaktionen in einem schon jetzt turbulenten Börsenjahr führen.“