Ausblick

Es geht wieder aufwärts: Warum sich der Konjunkturaufschwung 2022 fortsetzen wird

© David Visnjic
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Österreichs Wirtschaft war 2021 stark von der Corona-Krise geprägt. Expert:innen prognostizieren jedoch für 2022 eine solide Erholung der Wirtschaft und eine Sicherung des Standorts.

Corona und die damit verbundenen Auswirkungen und Lockdowns waren im Jahr 2021 die bestimmenden Themen im privaten Bereich und natürlich auch in der Wirtschaft. Die Konjunkturentwicklungen in den einzelnen Regionen wiesen jedoch starke Unterschiede auf. Vorteilhaft war die Entwicklung in China und in den USA. China konnte selbst im Jahr 2020 ein leichtes Wachstum verbuchen (2,3 Prozent) und hat in der Krise die ohnehin hohen öffentlichen Ausgaben nochmals gesteigert, was – gemeinsam mit der 2021 wieder starken internationalen Nachfrage nach chinesischen Exportprodukten – zu einer wirtschaftlich erfolgreichen Bewältigung der Corona-Krise geführt hat. In den USA war zwar 2020 ein BIP-Rückgang von -3,5 Prozent zu verzeichnen, aber auch hier treibt ein anhaltend massiver Einsatz öffentlicher Mittel die Konjunktur an. Die hohe Nachfrage in den USA wirkt über den Importsog zudem als globale Konjunkturlokomotive. Relativ schlecht sind die Euroländer durch die Krise gekommen. In Europa war der Einbruch im Jahr 2020 (-6,7 Prozent) überdurchschnittlich ausgeprägt, der Aufschwung 2021 (4,3 Prozent) bleibt hingegen im internationalen Vergleich zurück.

Österreich stark betroffen

In Österreich hat die Corona-Krise zum stärksten Wirtschaftseinbruch seit dem 2. Weltkrieg geführt. Aufgrund der starken Beeinträchtigung des Tourismus, besonders des annähernden Totalausfalls des Wintertourismus, war die Wirtschaftsentwicklung im ersten Quartal des laufenden Jahres noch äußerst schwach. Im zweiten Quartal brachte eine deutliche Erholung um +12,8 Prozent jedoch den wirtschaftlichen Wendepunkt.

Allgemein waren von der Krise kontaktintensive Bereiche der Wirtschaft besonders stark betroffen. Einige der wenigen Branchen, welche im Zuge der Corona-Krise und der Lockdowns keine bzw. kaum Einbußen in der Produktion aufweisen sind etwa solche mit medizinischem Bezug, wie die Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen und die Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen. Industrie und Bauwirtschaft waren ebenfalls vergleichsweise wenig betroffen.
Die neuerliche Corona-Welle hat einen vierten Lockdown notwendig gemacht, was wohl zu einem merklichen BIP-Rückgang im vierten Quartal führen wird. Erste Schätzungen legen nahe, dass die Wirtschaftsleistung im Jahresdurchschnitt 2021 damit um rund vier Prozent zugelegt haben dürfte, nach einem Rückgang um 6,7 Prozent im Vorjahr. „Generell fällt auf, dass sich die heimische Wirtschaft immer relativ schnell nach den Lockdown-Phasen wieder erholt hat. Dazu haben sicherlich die gute Weltkonjunktur und die hohen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen wesentlich beigetragen. Mittelfristig gesehen sollte daher die Corona-Krise die Qualität des Standorts Österreich nicht verschlechtert haben“, erklärt Helmut Hofer, Senior Researcher, Macroeconomics and Business Cycles, Institut für Höhere Studien (IHS).

Wachstum der Wirtschaft prognostiziert

In den letzten Monaten haben sich die Konjunktureinschätzungen wieder ins Positivere gedreht. Laut Einschätzungen von Währungsfonds (IMF) und OECD hat sich das Bild der Weltwirtschaft zuletzt verbessert: Erwartet wird aktuell ein globales Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr von 6,0 Prozent (IMF) bzw. 5,8 Prozent (OECD). Damit wäre bereits im Jahr 2021 das wirtschaftliche Niveau des Jahres 2019 um 2,1 bis 2,5 Prozent übertroffen. Analog dazu liegen die Prognosen für die BIP-Entwicklung in Österreich gemäß verschiedenen Quellen für das Jahr 2021 zwischen 3,4 Prozent (EK) und 4,5 Prozent (IHS). Für das Jahr 2022 wird ein Wachstum zwischen 3,9 Prozent (OeNB) und 4,8 Prozent (WIFO) erwartet.

„Die aktuellen Prognosen sehen die Wirtschaftsentwicklung von einem wesentlichen Faktor abhängig: Impfungen. Bei einem rascheren globalen Impffortschritt wird eine Beschleunigung des Wachstums auf rund 6,5 Prozent im laufenden Jahr sowie auf bis zu 6,0 Prozent im Jahr 2022 erwartet. Bei einem verlangsamten Impftempo könnte das Wachstum geringer ausfallen: unter 5,0 Prozent im laufenden Jahr und unter 3,0 Prozent im kommenden Jahr. Ebenso können eine geringere Erfolgsquote bei der Eindämmung der Pandemie (beispielsweise durch neu auftretende Mutationen) oder erneute Lockdowns das Konjunkturwachstum negativ beeinflussen“, so Herwig Schneider, Geschäftsführer des Industriewissenschaftlichen Instituts (IWI). Helmut Hofer ergänzt: „Mit der allmählichen Auflösung der Probleme bei den Lieferketten und dem nachlassenden Preisdruck dürfte sich auch die Industriekonjunktur wieder beleben. Insgesamt sollte damit die Wirtschaft auch im nächsten Jahr kräftig wachsen. Das größte Abwärtsrisiko bildet aber weiterhin die Pandemieentwicklung.“

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Investitionsbereitschaft

Entscheidend für die Erholung und Weiterentwicklung der heimischen Wirtschaft ist auch die Investitionsbereitschaft während und nach der Corona-Krise. „Nach den kräftigen Zuwächsen im laufenden Jahr dürften die Investitionen nächstens Jahr etwas langsamer zulegen. Insgesamt gesehen dürfte die Investitionsbereitschaft aber hoch bleiben, worauf auch die hohe Kapazitätsauslastung hindeutet“, so Hofer. Bedingt durch die Investitionsprämie werden laut WIFO 2022 noch zusätzliche Ausrüstungsinvestitionen durchgeführt, die ohne die Prämie nicht getätigt worden wären. Um die Investitionsprämie maximal lukrieren zu können, werden Projekte, die erst für spätere Jahre geplant waren, vorgezogen. Das hilft der schwer betroffenen österreichischen Wirtschaft und trägt zur Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Österreich bei.

„Die Covid-19-Investitionsprämie wurde äußerst positiv von der heimischen Unternehmenslandschaft angenommen und in hohem Maß in Anspruch genommen. Die Investitionsprämie weist aufgrund der hohen Breitenwirkung und niedrigen Zutrittsschwelle den Charakter eines indirekten Förderinstrumentariums im Sinne eines Standortkriteriums auf. Zudem können Investitionen ein Instrument für die Verbreiterung neuer Technologien sein, die wirtschaftliche Prozesse und Strukturen mitunter tiefgreifend verändern. Beispielhaft seien hier u. a. die Digitalisierung, welche durch die Nutzung technologischer Neuerungen im IKT-Bereich getrieben wird, oder die Ökologisierung bzw. Dekarbonisierung, welche sich auf das Erreichen der CO2‑Neutralität der Wirtschaft und Gesellschaft zur Eindämmung des menschgemachten Klimawandels bezieht, genannt“, erklärt Herwig Schneider.

Privater Konsum steigt

Expert:innen nehmen auch an, dass die in den Lockdown-Phasen angewachsenen privaten Ersparnisse zu einem Teil wieder in den privaten Konsum zurückfließen werden, da nach einer Zeit, in der Konsum teilweise nicht möglich war, eine Art Aufholeffekt entstehen wird. Unter diesen Bedingungen wird 2022 mit einem Wachstum des realen privaten Konsums von 6,4 Prozent gerechnet. Davon gehen etwa 0,4 Prozentpunkte auf die Entlastungen der privaten Haushaltseinkommen durch die Steuerreform zurück (Tarifsenkung 2. Stufe, Erhöhung des Familienbonus und Kindermehrbetrag, Senkung des Krankenversicherungsbeitrages für niedrige Einkommen und den Klimabonus). Durch die ökosoziale Steuerreform wird die Entlastung der privaten Haushalte für das Jahr 2022 auf 2,8 Milliarden Euro (1,2 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens) geschätzt, die bis 2026 auf 7 Milliarden Euro (2,5 Prozent) ansteigen wird. Im Vollausbau entfallen 15 Prozent der Entlastung auf das unterste, 36 Prozent auf das mittlere und 49 Prozent auf das oberste Haushaltseinkommensdrittel.

Diesen Schätzungen liegen Simulationen der einzelnen Maßnahmen mit dem WIFO-Mikrosimulationsmodell zugrunde. Kumuliert über den Prognosezeitraum wird die nominelle Entlastung auf knapp 27,5 Milliarden Euro geschätzt. Neben dieser erwartbaren Entlastung verfügen die privaten Haushalte bereits über einen „Corona-Sparpolster“ von geschätzt knapp 25 Milliarden Euro. Da wohl ein Teil dieses Sparpolsters auch wieder für den Konsum ausgegeben wird, wird angenommen, dass anfangs lediglich ein Viertel des durch die Steuerreform zusätzlich verfügbaren Einkommens in den Konsum fließt.

Angebotsengpässe bremsen noch

Die wirtschaftliche Erholung wird 2022 jedoch nicht für alle Branchen gleich ausfallen. Weiter von der Corona-Krise beeinflusst werden in erster Linie jene Bereiche sein, die durch weitere Lockdowns unmittelbar betroffen sein würden, wie Tourismus, Gastronomie und Veranstaltungswesen (Kultur). Aber auch für die Industrie gibt es nicht gleich eine Entspannung. „Für die Sachgütererzeugung sind in den letzten Monaten eher Hindernisse durch Angebotsengpässe und logistische Probleme aufgetreten. Aus dem Zusammenspiel von kräftiger Nachfrage und Friktionen im globalen Warenverkehr ergibt sich zwangsläufig ein erhöhter Preisdruck“, so Herwig Schneider. Zudem sind verschiedene Rohstoffpreise gestiegen. Bei den Energierohstoffen besteht die Erhöhung vor allem in einer Kompensation von Preisrückgängen in den Jahren 2019 und (vor allem) 2020. Anders ist die Situation bei Industrie- und Baurohstoffen (Metalle, Holz), wo Lieferengpässe, hohe Nachfrage und ein struktureller Aufwärtstrend zusammentreffen. Insbesondere der Mangel an Halbleiterchips stellt einige Branchen (u. a. Fahrzeugindustrie) vor Probleme, eine Entspannung der Situation bzw. eine ausreichende Verfügbarkeit von Halbleitern wird sich voraussichtlich erst in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres einstellen.

Text: Helene Tuma / Bild: David Visnjic
Diese Story stammt aus unserem neuen Magazin „Trending Topics 2022“. Es steht ab dem 29.12. zum kostenlosen Download bereit

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