Medizintechnik

Medtronic gibt Baupläne und Software seines Beatmungsgeräts PB560 frei

Puritan Bennett™ 560 (PB 560) von Medtronic. © MedTronic
Puritan Bennett™ 560 (PB 560) von Medtronic. © MedTronic

Weltweit ist der Bedarf nach Beatmungsgeräten in der Corona-Krise nach oben geschossen – so stark, dass auch große Hersteller wie Dräger in Deutschland nicht mehr mit der Produktion nachkommen. Vor allem in der Autoindustrie hat sich nun die Idee festgesetzt, dass Autobauer ihre Produktionsanlagen nutzen könnten, um die dringend benötigten Medizingeräte zu fertigen – was aber gar nicht so einfach ist wie es klingt.

In diesen Prozess hat sich nun das Medizintechnikunternehmen Medtronic mit Hauptsitz in Dublin in Irland eingeschaltet. Und macht einen sehr bemerkenswerten Schritt. So wird das Unternehmen die Produkt- und Servicehandbücher, Konstruktionsanforderungen, Fertigungsunterlagen und Schaltpläne des Geräts Puritan Bennett™ 560 (PB 560) online frei zur Verfügung stellen. Die Designspezifikationen des PB 560 sind ab sofort unter Medtronic.com/openventilator verfügbar, Software-Code und weitere Informationen sollen demnächst folgen.

Dieser Schritt sei „für Hersteller, Erfinder, Startups und akademische Einrichtungen, die die Entwicklung und Produktion von Beatmungsgeräten schnell hochfahren wollen“, gedacht. Die Informationen zum Nachbau des Geräts, das seit 2010 am Markt ist und derzeit in 35 verschiedenen Ländern im Einsatz ist, dürfen drei genutzt werden – entweder bis zum 1. Oktober 2024 oder bis zu dem Zeitpunkt, an dem die WHO die Pandemie für überstanden erklärt.

Akuter Bedarf an Beatmungsgeräten

„Medtronic erkennt den akuten Bedarf an Beatmungsgeräten als lebensrettende Geräte bei der Behandlung von COVID-19-Infektionen. Wir wissen, dass diese globale Krise eine globale Reaktion erfordert. In den vergangenen Wochen haben wir die Produktion unserer Beatmungsgeräte Puritan Bennett™ 980 hochgefahren. Aber wir wissen auch, dass wir mehr tun können, und das tun wir“, so Bob White, Executive Vice President und Präsident der Gruppe für minimal-invasive Therapien bei Medtronic, in einem offiziellen Statement.

Medtronic ist in den vergangenen Wochen bereits aufgefallen. Denn bei dem Unternehmen handelt es sich um jene Firma, die sich mit Tesla darauf verständigt hat, gemeinsam Beatmungsgeräte herzustellen. Der Medizintechnikhersteller produziert noch andere Beatmungsgeräte wie die Modelle PB 980 oder PB 840 – diese seien aber mit 1.500 Bauteilen deutlich komplexer und bräuchten viele Spezialkräfte zur Herstellung. Auch das Modell PB 560 ist nicht einfach herzustellen. Nun wird sich zeigen, ob andere Unternehmen oder Institutionen etwas mit den Bauplänen anfangen können.

Die Vorgeschichte von Covidien

Dass Medtronic jetzt Baupläne des PB560 herausgibt, fällt mit einer anderen Geschichte zusammen. Wie auch auf Produktbildern erkennbar ist, sind die Geräte durch die Übernahme des US-Unternehmens Covidien um satte 50 Milliarden Dollar ins Unternehmen gekommen. Und Covidien hat eine fragwürdige Geschichte in Bezug auf die Produktion von Beatmungsgeräten für die Bewältigung von Krisen.

Denn wie die New York Times berichtete, hatte die US-Regierung bereits vor 13 Jahren unter dem Eindruck von MERS und SARS das Projekt „Aura“ gestartet. Das Ziel: günstige Beatmungsgeräte zu entwickeln. Das kleine Unternehmen Newport erhielt damals den Auftrag, ein solches Gerät für weniger als 3.000 Dollar zu entwickeln. Newport wurde dann aber 2012 um etwa 100 Millionen Dollar von Covidien aufgekauft. Danach schien die Entwicklung eines günstigen Beatmungsgeräts keine Priorität mehr zu haben, der Vertrag mit der US-Regierung wurde aufgelöst.

Die US-Regierung schrieb das Projekt Aura wieder aus, der neue Auftrag ging dann an Philips aus den Niederlanden. Die US-Behörde FDA bestellte schließlich 10.000 Einheiten des Modells „Trilogy Evo“ bei Philips, diese sollen bis Mitte 2020 geliefert werden. Seitens Medtronic heißt es zu dem Newport-Fall heute: Das Beatmungsgeräte-Design für die Regierung hätte „erhebliche Lücken zwischen dem, was es der Regierung versprochen hatte, und dem, was es liefern konnte“ aufgewiesen, „sowohl hinsichtlich der Fähigkeit, die im Vertrag festgelegten Produktionskosten zu erreichen, als auch hinsichtlich der Produktmerkmale und der Leistung“. So hätte man das Gerät etwa nicht für Neugeborene einsetzen können.

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