No Deal Brexit: 5 Herausforderungen für Startups und wie man sich darauf vorbereitet
Großbritannien ist das dynamischste Start-up-Ökosystem in ganz Europa, lockt Gründer aus der gesamten Union an und…. verlässt die EU Ende des Monats. Neben vielen anderen Problemen, wird das auch für Startups zu einer Herausforderung. Vor allem, wenn es zu dem immer wahrscheinlicheren No-Deal-Brexit-Szenario kommt.
Ein No-Deal-Brexit wird sich recht rasch auf Unternehmen auswirken, die mit privaten Daten von EU-Bürgern zu tun haben, EU-Bürger in Großbritannien beschäftigen, digitale Inhalte verkaufen, die meisten Online-Dienstleister, Unternehmen mit Sitz in UK, Firmen, die .eu-Domänen nutzen, Startups, die User-generated Content (einschließlich Bewertungen) hosten, Horizon-2020-finanzierte Projekte. Also auf so ziemlich jeden.
+++ Brexit & Startups: „It Just Makes Everything a Royal Pain in The Ass“ +++
Die „Coalition for a Digital Economy“ (Coadec) hat zusammen mit der UK Tech Cluster Group & Tech Nation einen Leitfaden erstellt, der die Startup-Community bei der Vorbereitung auf den Brexit unterstützt. Obwohl der digitale Binnenmarktrahmen, der für Online-Unternehmen innerhalb der EU von entscheidender Bedeutung ist, auch in Großbritannien weiterhin gelten wird, gibt es einige andere Herausforderungen.
Bye .eu-Domains
Die .eu-Domains können nur von Personen und Unternehmen mit Wohnsitz in der EU sowie Norwegen, Liechtenstein und Island registriert werden. Britische Unternehmen und Bürger haben bis zum 31. Dezember 2019 Zeit, ihre gesamten Inhalte von .eu-Domains zu migrieren. Am 20. November 2020 werden alle diese Domains wieder zum Kauf angeboten.
Als Unternehmen ist es wichtig zu prüfen, ob nach der Änderung der Domain irgendwelche Probleme mit der IP auftreten, z.B. dem Firmennamen. Auch die Migration auf eine neue Domain muss vorbereitet werden und Kunden und Partner informiert.
Hallo Aufenthaltsgenehmigung & Visa
EU-Bürger können sich in allen Ländern der EU frei bewegen und arbeiten. Also demnächst nicht mehr in Großbritannien. Das betrifft internationale Startups, die ihre Büros im Vereinigten Königreich haben und Ausländer beschäftigen oder britische Staatsbürger in einem anderen EU-Land beschäftigen. Nach dem Brexit müssen sich EU-Bürger bis Dezember 2020 für das European Settlement Scheme anmelden. Tech-Talente aus Großbritannien werden wahrscheinlich auch Herausforderungen meistern müssen, um in den EU-Staaten arbeiten zu können – der Prozess und die Verfahren können jedoch je nach lokaler Gesetzgebung unterschiedlich sein. Laut Leitfaden kann es auch sein, dass aufgrund der Änderung der Aufenthalts-Regelungen Visa für Geschäftsreisen erforderlich sein könnten. Doch noch ist nichts in Stein gemeißelt.
Mehrwertsteuer-Hürden
Das wird sich auf alle Startups auswirken, die digitale Inhalte von Großbritannien nach Europa und umgekehrt verkaufen. Derzeit müssen sich Startups in diesem Bereich im EU-weiten Mini-One-Stop-Shop (MOSS)-Portal registrieren, über das die Mehrwertsteuer gemeldet und abgeführt wird. Das Problem – dieses System wurde nicht für Länder entwickelt, die die Union verlassen, so dass sich Unternehmen aus UK, als Nicht-EU-Mitglieder über das System eines anderen EU-Staates registrieren müssen.
Händler digitaler Inhalte aus der EU können möglicherweise keine UX-Steuern mehr über ihre nationalen MOSS-Systeme melden. Der Clou: Im Falle eines No-Deal-Brexit werden britische Händler nicht mehr in der Lage sein, das EU-Mehrwertsteuer-Erstattungssystem zu nutzen, um die Mehrwertsteuer von den EU-Staaten zurückzufordern, und umgekehrt – eine Weile lang wird dieser Prozess abhängig von 27 verschiedenen länderspezifischen Steuervorschriften bleiben.
Was Unternehmen vorbeugend tun können, wäre die Registrierung als Nicht-EU-Mitglied über das MOSS-Portal eines EU-Staates.
Neue Datenschutzbestimmungen, kurz nach GDPR?
Die Datenschutz-Regeln werden sich für Unternehmen mit Sitz in UK ändern. Derzeit können Daten dank GDPR und anderen EU-Vorschriften frei über die Grenzen hinweg übertragen werden. Nach dem Brexit wird Großbritannien zu einem „Drittland“ des europäischen Datenschutzrahmens. Dann werden Startups an neue vertragsbasierte Rechtsstrukturen denken müssen. Coadec empfiehlt Unternehmen unter Berufung auf die britischen Datenschutzbehörden, sich mit Musterklauseln, verbindlichen Unternehmensregeln, Verhaltenskodices und Zertifizierungsmechanismen zu befassen.
Was getan werden muss: Die Prüfung der Datenübertragung von Großbritannien in die EU, die Feststellung, ob ein gesetzlicher Vertreter in der EU erforderlich ist, die Aktualisierung der Datenschutzhinweise für Kunden, usw.
Ein kritischer Blick auf die Geschäftsinformationen
Für jedes Startup im Bereich der „Informationsdienstleistungen“, in dem sich die meisten Online-Dienste befinden, gibt es die E-Commerce-Richtlinie. Die besagt, dass die Informationen und Nutzungsbedingungen, die ein Unternehmen seinen Kunden anzeigen muss, auf der Gesetzgebung des Landes basieren, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat – solange es EU-Mitglied ist. Laut Richtlinie sind Anbieter auch nicht für Beiträge und Bewertungen von Nutzern auf ihren Diensten haftbar.
Britische Unternehmen, die nach dem Brexit weiterhin in der EU tätig sind, müssen sich möglicherweise an unterschiedliche Rechtsrahmen gewöhnen. Dazu gehören Unternehmensinformationen, Online-Werbung, Verkaufsbedingungen, wie Benutzer mit dem Unternehmen in Kontakt treten können, etc. Da die britische Regierung den europäischen Haftungsrahmen beibehalten will, werden britische Unternehmen weiterhin nicht für benutzergenerierte Inhalte haftbar gemacht.
Auf jeden Fall empfiehlt Coades, die Unternehmensinformationen zu überprüfen und fallweise auch die Melde-Systeme für Inhalte, die gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen könnten.
Der vollständige Leitfaden
Der Coades-Leitfaden hat auch Tipps für Startups, die eine Finanzierung für das Förderprogramm „Horizon 2020“ aus Großbritannien beantragen wollen und einiges mehr. Was davon alles auf Startups in der EU tatsächlich zukommt, wird sich in den nächsten Tagen zeigen.
+++ Hier geht es zum gesamten No-Deal-Brexit-Leitfaden für Startups +++