Strategie

FTX: Wie Sam Bankman-Frieds Krypto-Börse Binance vom Thron stoßen kann

FTX und seine größten Rivalen. © Trending Topics
FTX and its biggest rivals. © Trending Topics
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Und plötzlich sind sie da. Bisher hat man FTX aus der Ferne beobachtet und mit Staunen festgestellt, wie schnell ein Unternehmen groß werden kann. Die Krypto-Exchange wurde erst im Mai 2019 von Sam Bankman-Fried und Gary Wang gegründet, nachdem sie ziemlich erfolgreich mit Alameda Research Krypto-Trading machten.

Drei Jahre später ist das Unternehmen 40 Milliarden Dollar wert (FTX: 32 Mrd. Dollar + FTX US: 8 Mrd. Dollar) und noch nicht einmal offiziell in Europa gestartet. Doch das hat sich nun schlagartig geändert. Durch die Übernahme der Schweizer Digital Assets AG (DAAG) entsteht die FTX Europe AG, die mit Lizenz in Zypern und Hauptquartier in der Schweiz den Europäischen Wirtschaftsraum bearbeiten wird.

Endgegner Binance

Neuer Europa-Chef ist Patrick Gruhn, seit vielen Jahren Internet-Unternehmer und mit der DAAG schon bisher bei der Tokenisierung von Aktien ein wichtiger Partner von FTX. Seine Aufgabe: Europa soll mittelfristig 35 Prozent zum Umsatz von FTX Global beitragen. Bei den meisten Kennzahlen hat die Krypto-Börse andere Größen der Branche wie Coinbase Exchange, Kraken, KuCoin oder Bitfinex überholt, es gibt eigentlich nur mehr den Endgegner: Binance.

FTX: Wie die Krypto-Exchange Europa erobern will – mit Patrick Gruhn

Gruhn hat dazu mit Sam Bankman-Fried einen Masterplan entworfen. „Der europäische Markt ist gerade am Erwachen, aber die Europäer schauen genau, mit wem sie handeln, und wollen vielleicht nicht mit irgendeinem Offsore-Unternehmen sonstwo in der Welt handeln“, so Gruhn. Das sind die Punkte der Strategie, mit denen man zur Nummer 1 im Markt werden will:

1. Derivate bringen großes Handelsvolumen

FTX steht für „Futures Exchange“, und das nicht ohne Grund. Derivate (also Finanzprodukte, die etwa den Preis von Bitcoin abbilden und handeln lassen, ohne BTC direkt zu kaufen) machen 80 bis 90 Prozent des Handelsvolumen aus. „FTX richtet sich an Heavy Trader und nicht an Newcomer, die sich das erste Mal Bitcoin kaufen“, sagt Gruhn. „Wir sind die erste Krypto-Börse, die Derivate über eine lizensierte Firma in Europa anbieten kann. Das ist unser Alleinstellungsmerkmal, und damit wollen wir viele Krypto-Trader in Europa gewinnen.“

Klar: Professionelle Trader, vielleicht sogar von großen Institutionen, bringen großes Handelsvolumen mit sich. Und dadurch kann FTX schnell wachsen.

2. NFTs für Retail-Kund:innen

Retail-Kund:innen, also Endkonsument:innen wie du und ich, will FTX aber nicht auslassen. Während sich die Exchnge an die Pro-Trader richtet, gibt es auch etwas für Retail-Kund:innen. „Die Handelsplattform ist für Heavy-Trader, aber für normale Kund:innen gibt es zum Beispiel den NFT-Marktplatz. Um NFTs zu kaufen, braucht man keine große Handelserfahrung oder technische Analysen“, sagt Gruhn. Um Endkonsument:innen, die an NFTs interessiert sind, zu erreichen, braucht es Massenwerbung (siehe unten).

Auch wenn dem NFT-markt zuletzt die Luft ausging (Trending Topics berichtete), wird FTX weiter auf die Token-Gattung setzen. „Im Krypto-Bereich ist es immer so: Wen etwas Neues kommt, kommt dieser schnelle Hype, mit einem extremen Volumen, mit übertriebenen Erwartungen, und dann aber leider auch mit vielen Rückschlägen. Das haben wir auch bei NFTs gesehen.“ Außerdem gebe es einige Player im Markt, die mit den NFTs das schnelle Geld gemacht hätten, während so mancher Retail-Kunde durch die Finger schaute. Doch mit einem kontrollierten, vertrauenswürdigen Angebot könne man viele Probleme des jungen NFT-Marktes ausmerzen. „Genau dafür braucht es Marktplätze wie FTX.“

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3. Sport-Sponsoring

Während Coinbase, Binance oder Bitpanda in Europa bereits starke Brands haben, ist FTX heute noch nur wenigen bekannt. Aber mit der neuen Lizenz in Zypern wird sich das ändern. Denn FTX durfte bisher aktiv keine Werbung machen. In den USA sind die ganz großen Werbekampagnen bereits angelaufen. So bezahlte das Unternehmen satte 135 Millionen Dollar dafür, um die Arena der Miami Heats 19 Jahre lang mit der eigenen Brand versehen zu können. Auch Super-Bowl-Werbung gab es.

„Wir planen ähnliche Marketing-Maßnahmen in Europa. Wir haben das bisher wegen fehlender Lizenz unterlassen“, sagt Gruhn. Auf die Frage, ob es etwa große Werbeauftritte in der Champions League geben werde, gab es kein Dementi. Im europäischen Königssport Fußball kann man sich in etwa ausmalen, wie FTX seine Marke groß machen wird.

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4. Compliance First

Während vor allem der Marktführer Binance in den letzten Jahren in Europa mit Regulierungsbehörden in Euro (etwa der deutschen Bafin oder der britischen FCA) zu kämpfen hatte, will FTX regulatorisch alles richtig machen. „Wir sind wirklich im Finanzbereich reguliert. Wir können gerade professionellen Tradern eine Gegenpartei bieten, auf die sie sich verlassen können und mit der sie handeln können. Es ist Teil unserer Strategie, einen sehr hohen regulatorischen Standard zu setzen und so bei den Tradern Vertrauen zu schaffen“, sagt Gruhn. „Sam (Bankman-Fried, Anm.) hat gesehen, dass andere Krypto-Börsen unprofessionell, und zwar zum Nachteil der Trader, sind. Die Professionalität ist genau der Grund, warum FTX so schnell wächst.“

5. Solana

Mit Solana haben Sam Bankman-Fried und FTX eine Blockchain eng zu sich geholt, die seit 2021 als einer der wichtigsten Ethereum-Rivalen gilt. „Es gibt eine enge Beziehung zwischen Sam Bankman-Fried und Solana“, sagt auch Gruhn. „Die Solana-Blockchain ist überlegen im Sinne von Transaktionskosten gegenüber Ethereum.“

Deswegen haben seine ehemalige Digital Assets AG und FTX bereits gemeinsam tokenisierte Aktien mit Hilfe der Solana-Blockchain umgesetzt (Trending Topics berichtete). Für eine Derivate-Börse im Krypto-Bereich ist eine günstige Möglichkeit, Token in großer Menge und Geschwindigkeit handeln zu können, wichtig. Aus technischen Gründen und vor allem den vielen möglichen Transaktionen pro Sekunde hätte man sich für Solana entschieden. „Das ist das Level, das Visa oder die NASDAQ können.“

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6. Günstige Gebühren

Auch immer ein Faktor: der Preis. FTX will mit günstigen Gebühren punkten. „Wenn man das Fee-Modell mit anderen vergleicht, spricht die Fee-Struktur ganz klar für FTX“, sagt Gruhn. Der Preisvergleich von Blockchaincenter zeigt, das FTX deutlich günstiger beim BTC-Preis ist als viele andere Marktbegleiter (Stand: 20. März, 21:00):

7. Sam Bankman-Fried

Und dann gibt es natürlich ihn, einen der jüngsten Milliardäre des Planeten und Mastermind von FTX: Gründer Sam Bankman-Fried. „Er hat einen Background, den man in der Krypto-Industrie selten findet, und zwar im Sinne von Professionalität und Seriösität. Einige Krypto-Unternehmer global sind nicht auf dem gleichen Reputations-Stand wie Sam“, sagt Gruhn. Seiner Meinung nach sei Bankman-Fried (mathematisch hochbegabt, Juraprofessoren an der Stanford Law School als Eltern) ein „Genie“.

Und dieses „Genie“ an der Spitze schafft es offenbar, viele sehr smarte Leute für sein Unternehmen zu begeistern. Gruhn zufolge würde man es schaffen, Top-Leute in die Firma zu holen, „Qualität vor Quantität“. Und dieses Team sei es am Ende, das das Wachstum so voran treibt.

8. Prominente Investor:innen

Zu guter Letzt das liebe Geld. Die Liste der Investor:innen liest sich wie das Who is Who der globalen VC- und PE-Industrie. FTX bzw. FTX US können Geldgeber wie Temasek, Paradigm, Ontario Teachers‘ Pension Plan Board, NEA, SoftBank Vision Fund 2, Lightspeed Venture Partners, Tiger Global und Insight Partners. Insgesamt haben sie und andere 800 Millionen Dollar in FTX und die US-Schwester investiert. Das sind Beträge in Größenordnungen, die ansonsten eher nur Neobanken oder Neobroker bekommen, die schon viel länger am Markt unterwegs sind.

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