Interview

Henrietta Egerth: „Wachstumspfad für Forschung, Innovation und Startups geht nicht ohne zusätzliche Mittel“

FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth sieht Forschung und Innovationsförderung ganz klar als Priorität der neuen Bundesregierung. © FFG, Einzenberger
FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth sieht Forschung und Innovationsförderung ganz klar als Priorität der neuen Bundesregierung. © FFG, Einzenberger
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Sie ist eine von zwei Geschäftsführerinnen der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft. Im Trending Topics-Interview spricht Henrietta Egerth über die geplante Fördertaskforce der Bundesregierung und die Erhöhung der Forschungsquote in Österreich. Außerdem plädiert sie für eine Vereinfachung der Regulatorik für Förderprogramme und eine stärkere Unterstützung von akademischen Spin-offs.

Trending Topics: Schwarz-Rot-Pink will aktuelle Förderungen laut Regierungsprogramm redimensionieren. Bis Ende 2025 soll eine Fördertaskforce evaluieren, wo gespart werden kann. Was erwartet sich die FFG davon? 

Henrietta Egerth: Grundsätzlich ist es sehr positiv, dass wir jetzt eine Regierung haben, die schlagkräftig zur Tat schreitet. Das Bekenntnis zur Innovation zieht sich durch viele Punkte im Regierungsprogramm durch. Der Fokus liegt neben Kunst und Kultur auf anderen wichtigen Themen insbesondere auf Innovation, Forschung und deren Förderung. Das ist eine wesentliche Maßnahme, um im globalen Wettbewerb, in dem wir alle stehen, Chancen realisieren zu können. 

Haben Sie nicht den Eindruck, dass diese Taskforce möglicherweise darauf abzielt, Förderungen einzusparen? 

Ich denke schon, dass es Einsparungen geben wird. Wenn man über Förderungen spricht, muss man klar definieren, welche gemeint sind. Es gab ja in der Vergangenheit sehr große Fördervolumina, etwa für Heizkesseltausch, Photovoltaik oder Energiekostenzuschüsse, vor allem auch in der Post-Covid-Zeit. Ich glaube nicht, dass Innovations- und Forschungsförderungen von Kürzungen betroffen sein werden, sondern eher klimaschädliche Förderungen oder andere Bereiche, in denen ebenfalls große Summen im Spiel sind.

Für mich ist es ganz klar, dass die Regierung in sämtlichen Bereichen evaluieren muss, wo öffentliche Ausgaben eingespart werden können. Doch gleichzeitig wurde eine Priorität auf Forschung, Innovation und Startups gelegt – man möchte hier einen Wachstumspfad einschlagen und das wird nicht ohne zusätzliche Mittel gehen. 

Was erwarten Sie außerdem von der Taskforce?

Ich sehe eine Chance für Vereinfachungen, die mittlerweile genauso wertvoll sind wie finanzielle Mittel. Eine Taskforce könnte helfen, die allgemeinen Rahmenrichtlinien zu entrümpeln und die Anforderungen an Fördernehmer:innen zu verringern. Das würde nicht nur die Förderabwicklung erleichtern, sondern auch den forschenden Unternehmen in Österreich zugutekommen. Ziel ist es, weniger, aber klar strukturierte Förderformate zu schaffen. 

Das heißt, Förderprogramme und Anforderungen sollten praktischer umsetzbar gestaltet werden. Das würde der Wirtschaft und den Forschenden sehr helfen.

Gibt es weitere Maßnahmen zur Stärkung von Forschung und Innovation im Koalitionsprogramm, die Sie als positiv bewerten?

Es gibt ein klares Bekenntnis zur Fortführung des Fonds Zukunft Österreich – mit einem erhöhten jährlichen Planungshorizont von 200 Millionen Euro. Die Mittel stehen zur Finanzierung von Grundlagen- und angewandter Forschung sowie von Technologie- und Innovationsentwicklung zur Verfügung. 

Das Forschungsfinanzierungsgesetz, das von drei auf fünf Jahre erhöht werden könnte – auch wenn dies noch nicht in Stein gemeiselt ist. Dadurch würden die Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und anderen Institutionen mehr Planungssicherheit erhalten. Statt jedes Jahr oder alle drei Jahre über neue Budgetzuteilungen zu verhandeln, könnten Forschungsprojekte und Förderungen langfristiger geplant werden.

Weiters sehe ich ein ebenso klares Bekenntnis zur EU und zu EU-Kofinanzierungen. Das ist positiv, denn so können wir möglichst viel Geld aus den europäischen Forschungsprogrammen abholen. Außerdem bedeutet die Erhöhung der Forschungsquote auf vier Prozent bis 2030 eine deutliche Steigerung der Mittel im Forschungs- und Innovationsbereich.

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Gutes Stichwort. Eine Forschungsquote von 4 Prozent wurde von vielen Forschungseinrichtungen und Förderagenturen gefordert – auch von der FFG. Die neue Regierung bekennt sich dazu. Was bedeutet das konkret? 

Um die Forschungsquote innerhalb einer Legislaturperiode auf 4 Prozent zu erhöhen, braucht es einen klaren und konsequenten Fahrplan. Mit kleinen Anpassungen allein wird der Sprung von den aktuellen 3,3 Prozent kaum zu schaffen sein.

Wichtig zu erwähnen ist, dass der öffentliche Sektor etwa ein Drittel der Forschungsfinanzierung trägt, die Wirtschaft zwei Drittel. Damit die Investitionen der Industrie mitwachsen können, muss auch der öffentliche Anteil steigen. Öffentliche Förderungen schaffen dabei die nötigen Anreize und Grundlagen, damit Unternehmen ihre Forschungsaktivitäten ausbauen. Das heißt, diesen Hebel braucht es, um das Vier-Prozent-Ziel zu erreichen. Ein Beispiel für öffentliche Mittel sind Förderungen für Universitäten, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen oder Projekte von Unternehmen.

Neben zusätzlichen finanziellen Mitteln sind auch mehr Akteur:innen im Innovationsbereich erforderlich. Zum Glück wächst die Zahl dieser Akteur:innen stetig, was unserer Wirtschaft einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Ländern sichert.

In welchen Forschungsbereichen sehen Sie einen Fokus? Gibt es Sektoren, die zukünftig besonders stark gefördert werden könnten? 

Wie im Regierungsprogramm zu lesen ist, zählen zu den adressierten Bereichen Schlüsseltechnologien wie KI, Quanten, Mikroelektronik, Cybersecurity, Weltraum und Gesundheitsforschung, einschließlich der Verschlüsselung und der notwendigen Infrastruktur, um sich als Staat oder Kontinent Europa selbst zu schützen. Hier müssen wir als nationale Förderagenturen aktiv werden, mitwirken und den Aufruf entsprechend wahrnehmen.

Auch grüne Technologien sind eine Chance aus Europa heraus – sowohl im Bereich der Mobilität als auch in vielen anderen Bereichen. Sie werden allerdings nicht als „Schlüsseltechnologien“ im klassischen Sinne betrachtet, weil sie in der Regel als eine breitere, übergeordnete Kategorie von Innovationen gelten. 

Aber: Sich in der Forschung nur auf Schlüsseltechnologien oder nur auf bestimmte Bereiche zu konzentrieren, wäre mittelfristig immer ein Fehler. F&E muss weiterhin breit aufgestellt bleiben müssen, um auf unerwartete Entwicklungen reagieren zu können. Wir wissen nicht, was in zwei Jahren das nächste Quantenthema sein wird. Ebenso wichtig ist der Technologietransfer, um die Ergebnisse aus der Grundlagenforschung stärker in die praktische Anwendung zu überführen.

Laut dem FTI-Monitor wurden zwischen 2020 und 2022 rund 20 Spin-Offs pro Jahr in Österreich hervorgebracht. Der Leistungsvereinbarung nach sollen es von 2025 bis 2027 insgesamt 30 pro Jahr werden. Ist das schaffbar? 

Auf jeden Fall. Wir haben ganz viele brachliegende Schätze an unseren Universitäten. Da gibt es viele Möglichkeiten, diese in Unternehmensgründungen, also Spin-offs, umzusetzen. Es scheitert nicht an der Anzahl der Ideen oder Teams, aber wir müssen sicherstellen, dass die Universitäten den nötigen Fokus darauf legen. 

Das Spin-off Fellowship-Programm war eine wichtige Unterstützung, doch insgesamt fehlt es in Europa an Venture Capital – das ist nicht nur ein österreichisches Problem. Allerdings bin ich überzeugt, dass das Kapital den interessantesten Startups folgen wird. Wir müssen hier allerdings noch mehr akademische Gründungen auf das Tablett legen und sichtbar machen. 

Wie kann Österreich mehr Startups dazu bewegen, ein größeres Stück der EU-Finanzierungen wie beim EYC Accelerator zu erhalten, etwa nach dem Vorbild von Finnland, den Niederlanden oder Schweden?

Österreich hat das Instrumentarium, um Start-ups hierbei zu unterstützen. Die Unterstützung in den frühen Phasen ist sehr gut, besonders in der Pre-Seed- und Seed-Phase. Aber: Es braucht eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Universitäten, Agenturen und der Politik. Der Fokus muss darauf liegen, mehr solcher akademischen Spin-offs in die Förder-Pipeline zu bringen. Nur so können ihre Chancen auf EU-Finanzierungen erhöht und ihr Wachstumspotenzial entfaltet werden.

Ich glaube nicht, dass es an den Mechanismen liegt, wie wir hier unterstützen. Ich glaube, wir müssen den Wert von neu gegründeten, skalierbaren, möglicherweise auch technischen oder akademischen Spin-Offs noch höher setzen. Es geht demnach weniger um das ‚Wie‘ als vielmehr um die Schaffung einer größeren Masse an skalierbaren Gründungen.

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