Wettbewerb

Rivalen werfen Solar-Unicorn Enpal überteuerte Solaranlagen vor

Installation von PV-Anlagen am Dach. © Enpal
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Der Traum vom energieautarken, CO2-freien Haus, gepaart mit dem Ziel von Unabhängigkeit von russischer Fossilenergie, treibt das Geschäft. In ganz Europa boomt das Business mit Solaranlagen. Auch im Startup-Sektor jubelt man über Wachstum. Das Berliner Unicorn hat veröffentlicht, dass es 2022 auf einen Umsatz von satten 400 Millionen Euro kommen könnte – vier Mal so viel wie noch 2021. Das Geschäftsmodell dahinter: die Vermietung von PV-Anlagen an Endkonsument:innen.

Doch bekommen die Enpal-Kund:innen einen fairen Preis? Mitbewerber des Berliner Unicorns, die sich unter Druck von Enpal und seiner Marketing-Maschinerie sehen, bezweifeln das. Andreas Pichlmair, Geschäftsführer der Münchner Firma SolarHelden, die, wie ihr Name schon verrät, auf Photovoltaik spezialisiert ist, ist aktuell Enpals schärfster Kritiker. Pichlmair, am Telefon ein ziemlich lebendiger und streitbarer Gesprächspartner, hat bereits rechtlichen Streit mit Enpal, wie anwältliche Schreiben beider Firmen, die Trending Topics vorliegen, zeigen. Pichlmairs Grundproblem mit Enpal: Die Berliner würden viel zu viel Geld für ihre PV-Anlagen verlangen. „Ich finde es einfach nur unfair, wie viel Geld den Kunden bei Miete aus der Tasche gezogen wird“, so Pichlmair.

SolarHelden vs. Enpal

Dazu muss man das Geschäftsmodell von Enpal kennen. Anstatt Solarmodule zu verkaufen, werden sie vermietet. 0 Euro Anschaffungskosten, Rundum-Sorglos-Paket, dafür eine monatliche Mietgebühr, die dann auch Planung, Beratung, Montage, Austausch des Stromzählers, Wartung, Reparatur, Versicherung, Austausch defekter Bestandteile oder Ersatz des Speichers beinhaltet. Ab 114 Euro/Monat beginnt der Monatstarif, Laufzeit ist 20 Jahre. Nach den 20 Jahren zeigt sich Enpal dann noch großzügig. Dann würde man die (dann schon ziemlich alte) PV-Anlage für einen symbolischen Preis von 1 Euro quasi herschenken. Geht sie dann kaputt, kann sich ja der Kunde um Entsorgung und Ersatz kümmern.

114 Euro pro Monat auf 20 Jahre, das sind dann in Summe doch 27.360 Euro. Für die kleinst mögliche PV-Anlage, wohlgemerkt. Preise für größere Anlagen bekommt man bei Enpal nur auf Anfrage. Pichlmair, der als PV-Unternehmer die Preise der Branche sehr genau kennen will, rechnet vor: Eine 8-kWp-Anlage mit 10 kWh Stromspeicher ohne Wallbox auf 20 Jahre, da würde man bei Enpal auf 57.000 Euro brutto kommen (ergo 237,5 Euro/Monat). Viel zu viel, so der SolarHelden-Chef. Bei seiner Firma würde man die gleiche Anlage um 22.350 Euro netto bekommen. Klar, dass da das „Rundum-Sorglos-Paket“ nicht dabei wäre, aber um die Differenz könnte man viel reparieren.

Enpal: Solar-Unicorn peilt 2022 bis zu 400 Mio. Euro Umsatz an

Rechtsstreit wegen Google-Maps-Bewertung

Pichlmair ging sogar so weit, dass er Enpal und dessen Gründer Mario Kohle öffentlich via Google-Maps-Rezension vorwirft, PV-Anlagen mit Hilfe von „coolem Marketing“ um 60.000 Euro brutto zu vermieten, die im Einkauf aber nur 15.000 bis 17.000 Euro kosten würden. Dass der aufmüpfige Bayer das tut, schmeckt den Berlinern bei Enpal gar nicht. Sie warfen ihm Ende November via Anwaltsschreiben die „Rechtswidrige Bewertung auf Google Maps“ vor. Das seit wettbewerbswidrig, außerdem würde Pichlmair „finanzielle, nicht-öffentliche Informationen“ unrechtmäßig über Enpal verbreiten. Pichlmair solle die Bewertung löschen, weitere Postings unterlassen und Schadenersatz (ca. 2.000 Euro) bezahlen, heißt es in einem Abmahnschreiben. Doch der SolarHelden-Chef lehnt das ab, er versteht seine Behauptungen als „faktenbasiert“. Löschen will er nicht – stattdessen hat er am Wochenende neuerlich auf Google Maps gegen die Preise bei Enpal gewettert.

Pichlmair ist nicht der einzige, der gegen Enpal feuert. 1Komma5°-Gründer Philipp Schröder sagte im Interview mit dem deutschen Magazin Spiegel, dass sich das Mietmodell für die Kund:innen gar nicht lohne. Die Kosten nach Ablauf von 20 Jahren seien „mindestens zweimal“ so hoch wie der direkte Kauf der Anlagen. Schröder, der mit seinem Startup Solaranlagen an Endkonsument:innen verkauft, argumentiert ähnlich wie Pichlmair.

Seitens Enpal wird zwar rechtlich mit Löschanfragen gearbeitet, doch wirklich aufgeklärt wird in der Kostenfrage nicht. Auf welchen Endpreis über die Laufzeit kommen Kund:innen den nun im Schnitt? Sind es die knapp 57.000 Euro, die SolarHelden behauptet, sind es weniger, sind es mehr? Aktuelle Zahlen will Enpal gegenüber Trending Topics nicht geben. Miete und Kauf könne man nur dann vergleichen, wenn man beim Kaufmodell auch noch Anschaffungskosten, Finanzierungskosten, den Austausch von Batteriespeichern und Wechselrichtern, Versicherung, Wartung, sowie die Energiemanager-Software mit einrechnen würde. Außerdem würde Enpal die Anlage vorfinanzieren und der Kunde keinen Kredit aufnehmen müssen. „Die Miete ist immer ein Gesamtpaket. Bei einem richtigen Vergleich sind daher auch die Kosten bei Kauf und Miete im Kern gleich“, heißt es seitens Enpal. Echte Kostentransparenz – also eine genaue Aufschlüsselung der Rechnung – ist aber vorerst nicht zu bekommen.

Mietmodelle teurer als Kauf

Soll man also mieten oder doch lieber kaufen? „Eine gemietete Photovoltaikanlage unterscheidet sich in der Nutzung normalerweise nicht von einer gekauften. Statt des Kaufpreises wird über die Mietdauer von circa 20 Jahren eine monatliche Miete fällig“, heißt es dazu aus der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Das Mieten einer Photovoltaikanlage ist über die Vertragslaufzeit mit höheren Kosten verbunden als der Kauf einer Anlage und rein finanziell häufig nicht sehr attraktiv – dafür komfortabel in der Umsetzung.“ Ein All-in-One-Paket ist sicher bequem, aber dafür auch teurer.

Dass sich der Markt möglicherweise in Richtung von Kaufmodellen dreht, dürfte man auch bei Enpal wissen. Marktgerüchten zufolge soll zusätzlich zum Mietmodell auch ein Kaufmodell eingeführt werden – was die Preise des Berliner Unicorns dann um einiges einfacher vergleichbar mit jenen anderer Anbieter machen sollte.

Solar-Unicorn Enpal holt satte 855 Millionen Euro Finanzierung an Bord

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