Gastbeitrag

Mitarbeiter:innenbeteiligung: Virtuelle Gesellschaftsanteile in der Praxis

© Jason Goodman on Unsplash
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Karolin Andréewitch-Wallner ist Partnerin bei E+H Rechtsanwälte, Johannes Feilmair ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei. In diesem Gastbeitrag befassen sie sich mit dem Thema Mitarbeiter:innenbeteiligung und wie sie in der Praxis funktionieren würde. 

Einleitung

Im heutigen Wirtschaftsleben spielen Mitarbeiter:innenbeteiligungsmodelle – sowohl bei Startups als auch in großen Konzernen – zunehmend eine bedeutsame Rolle. Unabhängig davon, ob ein Startup oder ein bereits etabliertes Unternehmen ein Mitarbeiter:innenMitarbeiterbeteiligungsprogramm entwirft, wird damit jeweils dasselbe Ziel verfolgt: Mitarbeiter:innen – insbesondere das wichtige und essenzielle Personal eines Unternehmens – sollen durch die Einräumung von Mitarbeiterbeteiligungen an dieses gebunden werden. Zusätzlich soll damit die Motivation der Mitarbeiter:innen gestärkt werden, indem ihnen die Möglichkeit gegeben wird, ihr eigenes Einkommen je nach Erfolg des Unternehmens – daher abhängig von ihrer eigenen Arbeitsleistung – zu erhöhen.

Gerade im Startup-Bereich sind solche Modelle besonders interessant, da die Startup-Gründer:innen zu Beginn meist nicht in der Lage sind, dem Kernpersonal entsprechend hohe Gehälter zu bezahlen. Früher setzte man bei der Einräumung von Mitarbeiterbeteiligungen insbesondere auf die Übertragung von „echten“ Anteilen an der Gesellschaft. Damit sind aber oftmals mehr Nach- als Vorteile verbunden, weil die Mitarbeiter:innen naturgemäß auch gesellschaftsrechtliche Stimm-, Auskunfts- oder Kontrollrechte erhalten, was aus Unternehmenssicht oftmals nicht gewünscht ist.

In den letzten Jahren etablierte sich daher die Einräumung von virtuellen Gesellschaftsanteilen (sogenannte „Phantom Shares“). Der Vorteil liegt darin, dass keine „echten“ Gesellschaftsanteile an Mitarbeiter:innen übertragen werden, sondern eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und dem/der Mitarbeiter:in abgeschlossen wird. Dadurch erhalten die Mitarbeiter:innen keine „echte“ Gesellschafterstellung und somit auch keine Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung. Dennoch sind Mitarbeiter:innen mit virtuellen Gesellschaftsanteilen den „echten“ Gesellschafter:innen aus wirtschaftlicher Sicht gleichgestellt und daher berechtigt, eine Dividende je nach Höhe ihrer Beteiligung zu erhalten. Die unternehmensinterne Entscheidungsfindung wird dadurch nicht beeinflusst und die Anteilsstruktur nicht verstreut.

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Inhaltliche Ausgestaltung von virtuellen Mitarbeiter:innenbeteiligungsprogrammen

Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht ist genau zu definieren, welche faktischen Fälle („Exit-Events“) eine Begünstigung der Mitarbeiter:innen auslösen und nach welcher Rangordnung die Auszahlung der Beteiligung erfolgen soll. Diese „Exit-Events“ definieren, zu welchem Zeitpunkt die schuldrechtlichen Zahlungsansprüche der einzelnen Mitarbeiter:innen gegenüber der Gesellschaft entstehen und sind in der Praxis vor allem Share Deals, IPOs oder Liquidationen der Gesellschaft. Weiters gilt es festzulegen, in welchem Ausmaß die Mitarbeiter:innen in einem derartigen Fall partizipieren sollen.

Weitere in der Praxis entwickelte, typische Vertragsklauseln (zB „Vesting“, „Good/Bad Leaver“) sollen die Mitarbeiter:innen möglichst lange an das Unternehmen binden. Eine sogenannte „Vesting“-Klausel soll garantieren, dass die Mitarbeiterbeteiligung am Unternehmenserfolg nicht ohne Leistung gewährt wird, sondern von der Loyalität der Mitarbeiter:innen abhängt. Die Mitarbeiter:innen erhalten ihre virtuellen Gesellschaftsanteile tatsächlich erst nach einer bestimmten Zeit im Unternehmen (sogenannte „Vesting“-Periode, in der Praxis häufig vier Jahre). Während einer solchen „Vesting“-Periode erhöhen sich die Beteiligungen der Mitarbeiter:innen bereits in dem vereinbarten Intervall (zum Beispiel monatlich), ein Auszahlungsanspruch besteht aber erst nach Ablauf dieser Periode.

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Klauseln für „Good Leaver und Bad Leaver“

Darüber hinaus sind in virtuellen Mitarbeiterbeteiligungsvereinbarungen typischerweise sogenannte „Good/Bad Leaver“-Klauseln vorgesehen. Solche Klauseln knüpfen an die Art des Ausscheidens der Mitarbeiter:innen an und beurteilen daran, ob die ausscheidenden Mitarbeiter:innen berechtigt sind, ihre virtuellen Gesellschaftsanteile zu behalten. Insbesondere von dem/der Mitarbeiter:in unverschuldete Kündigungen durch den Arbeitgeber, Vertragsende durch Zeitablauf und einvernehmliche Auflösungen sind regelmäßig „Good Leaver“-Fälle, die dazu berechtigen, die bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens angewachsenen virtuellen Beteiligungen zu behalten.

Fälle von „Bad Leavern“, bei denen das Arbeitsverhältnis beispielsweise durch eine von dem/der Mitarbeiter:in verschuldete Entlassung vorzeitig beendet wird, führen in der Regel zum gänzlichen oder teilweisen Verlust sämtlicher Mitarbeiterbeteiligungen am Unternehmen. Dadurch werden eine weitere Beteiligung und etwaige Ansprüche auf Gewinnausschüttungen von „Bad Leavern“ am Unternehmen verhindert. Derartige Klauseln sind aus arbeitsrechtlicher Sicht jedoch problematisch: Denn Angestellte haben in bestimmten Fällen auch bei einer Beendigung vor Fälligkeit Anspruch auf das bereits erworbene Entgelt im aliquoten Ausmaß entsprechend der zurückgelegten Dienstzeit. Da derzeit noch unklar ist, ob diese Regelung auf „Phantom Shares“ anwendbar ist, besteht ein Risiko, dass derartige „Bad-Leaver“ Klauseln in bestimmten Fällen nicht durchsetzbar sind.

Weiters ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungssatz zu beachten: Arbeitgeber:innen dürfen einzelne Mitarbeiter:innen ohne sachlichen Grund nicht schlechter behandeln als andere. Ihnen steht es aber frei, freiwillige Zuwendungen an Mitarbeiter:innen an bestimmte Bedingungen zu knüpfen und/oder auf bestimmte Gruppen von Dienstnehmer:innen zu beschränken (solange dabei nicht willkürlich vorgegangen wird). Außerdem ist zu bedenken, dass eine regelmäßig wiederkehrende „Ausgabe“ von virtuellen Beteiligungen über einen längeren Zeitraum zu einem vertraglichen Anspruch der Mitarbeiter:innen auf gleichartige Leistungen in der Zukunft führen kann („betriebliche Übung“).

Um dies zu verhindern, sollte in der Vereinbarung festgehalten werden, dass die Gewährung der Anteile freiwillig erfolgt und die Mitarbeiter:innen keinen Anspruch auf derartige zukünftige Leistungen erhalten. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass trotz Ausgabe einer virtuellen Beteiligung jedenfalls das kollektivvertraglich festgelegte Mindestentgelt in Geld zu gewähren ist, um eine strafbare Unterentlohnung zu vermeiden.

Conclusio

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass virtuelle Gesellschaftsanteile heutzutage von großer Bedeutung sind. Dies ist verständlich, da sie gegenüber „echten“ Gesellschaftsanteilen aus Unternehmenssicht vorteilhafter sind. Außerdem kann mittels dieser die Motivation und Bindung der Mitarbeiter:innen an die Gesellschaft gesteigert werden. Die Möglichkeiten der inhaltlichen Ausgestaltung solcher Mitarbeiterbeteiligungsmodelle zeigen, dass Unternehmen auf verschiedene Szenarien reagieren und sich auch absichern können.

Zum Beispiel kann mittels „Vesting“ verhindert werden, dass Mitarbeiter:innen bereits virtuelle Anteile erwerben, wenn sie nur kurze Zeit im Unternehmen tätig sind. Jedoch müssen jedenfalls die dargestellten gesellschafts- und arbeitsrechtlichen Grenzen beachtet werden. Aus diesem Grund ist es zu empfehlen, Mitarbeiterbeteiligungsvereinbarungen durch juristisches Fachpersonal prüfen zu lassen.

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