Sustainability-Startups: Wie man Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit unter einen Hut bringt
„Pro Woche schlagen 10 bis 20 neue Geschäftsmodelle bei uns auf – und dabei natürlich immer mehr im Bereich der Nachhaltigkeit.“ Gerda Just-Ebermann vom GründerCenter Wien der Erste Bank & Sparkasse hat eine eindeutige Antwort auf Frage nach dem wichtigsten Gründer-Trend der Gegenwart: Sustainability. Waren es in der Vergangenheit noch Apps, Blockchain und AI, die bei vielen Foundern im Mittelpunkt standen, so ist es jetzt der Kampf gegen Klimakrise und Umweltverschmutzung. In Österreich zeigen immer mehr Jungunternehmer, dass man Sustainability mit Geschäftssinn unter einem Hut bringen kann.
“Wir wissen, dass unsere Verantwortung in dem Bereich groß ist und finanzieren Nachhaltigkeits-Startups in Kooperation mit den Förderstellen”, sagt Just-Ebermann. “Wir bewerten die Geschäftsidee dabei sowohl nach Kriterien der Sustainability als auch der Wirtschaftlichkeit, und die persönliche Komponente ist ebenfalls wichtig. Immerhin ist es unsere Aufgabe, junge Gründer auf dem Weg in die Selbstständigkeit zu begleiten.“ Auch sie sieht Sustainability-Startups längst nicht mehr als Social Businesses an der Grenze zur NGO: „Wenn die Jungfirma mit ihren Prognosen zeigen kann, dass sie den benötigten Kredit rückführen kann, dann unterstützen wir in Kombination mit Förderungen.“ Und so sprießen derzeit die Sustainability-Startups in ganz Österreich, wie diese Beispiel zeigen.
Happy Plates:
Online-Shoppen gegen Lebensmittelverschwendung
Eine Website, auf der man Kochinspiration und Rezepte finden und die benötigten Zutaten direkt online bei einem Lieferpartner (derzeit gurkerl.at und BILLA) bestellen kann – damit sind vor kurzem Anna Mahlodji und Simon Jacko von Happy Plates an den Start gegangen. „Vor Corona lag der Anteil von Online-Lebensmittelbestellungen bei rund einem Prozent und viele Verbraucher:innen waren zögerlich gegenüber dieser Möglichkeit“, so Mahlodji. „Während der Pandemie hat sich diese Zahl mehr als verdoppelt. Die Pandemie hat für uns diese erste Hürde deutlich erleichtert, die Menschen zur Erstbestellung zu bewegen.“ Selber frisch kochen, statt bestellen – Happy Plates zahlt auf diesen Trend voll ein.
Und: Happy Plates soll ein Mittel gegen Lebensmittelverschwendung sein. „Laut einer Schätzung der europäischen Kommission werden in der EU jährlich 88 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen – vor allem in privaten Haushalten“, so Jacko. „Der Lebensmitteleinkauf nach Rezepten hilft bereits, nur das zu kaufen, was man wirklich zum Kochen braucht. Wir möchten aber noch mehr tun und arbeiten derzeit an perfekt abgestimmten Rezepten für mehrere Tage, bei denen alle frischen Produkte, wie Obst und Gemüse, Milchprodukte, Fleisch, Fisch und Eier aufgebraucht werden.“ Zusätzlich empfehle man im Warenkorb Produkte aus biologischer Landwirtschaft und/oder regionale Produkte – so könne man „nachhaltigere Optionen pushen“.
„Möchten unsere User:innen auch nicht bevormunden“
Wichtig ist den Happy-Plates-Foundern, authentisch und vertrauenswürdig zu sein. „Wir wissen, dass wir nicht perfekt sind und wir machen keinen Hehl daraus. Wir sind ein Marktplatz und wir arbeiten mit dem, was da ist – nämlich mit Supermärkten, kleinen, mittleren und großen Lebensmittelproduzenten, FMCG-Brands, Rezeptentwickler, Hobby-Köche und Konsumenten“, so Mahlodji. „Das bedeutet natürlich auch, dass wir nicht alles selbst in der Hand haben. Das kommunizieren wir auch offen. Intern tun wir natürlich unser bestes, Sustainability immer mitzudenken und die richtigen Schritte zu setzen. Wir legen einen Fokus auf Education und Empfehlungen, aber wir möchten unsere User*innen auch nicht bevormunden. Letztendlich entscheidet jede und jeder Einzelne, welche Produkte bei uns für welche Rezepte genutzt werden.“
Als ganz junges Startup, das noch ganz am Anfang steht, sind gute Beziehungen zu Business Angels genauso wichtig wie eine Bank, die dem Geschäftsmodell offen gegenüber steht. Jacko: „Das GründerCenter der Erste Bank findet unsere Idee, allen Menschen das frische Kochen im Alltag zu ermöglichen und bequemer zu machen, super und unterstützt uns bei Förderungen sowie Möglichkeiten der Finanzierung.“
Brigantes:
Kaffee unter vollen Segeln
Köstlichen Kaffee mit historischen Segelschiffen fast völlig emissionsfrei von Südamerika nach Europa transportieren – das ist die Vision von Daniel Kravina dem, Gründer des Wiener Startups Brigantes, und seinem Team. 9.000 der 10.000 Kilometer Transportweg wird gesegelt. Und es funktioniert: Online wie offline werden die Bohnen bereits verkauft, ein Auftritt bei der Startup-Show 2 Minuten 2 Millionen brachte viel Aufmerksamkeit.
„Wir werden die Klimawende nicht schaffen, wenn wir unser Konsumverhalten nicht ändern. Wir brauchen keine Millionen Elektroautos, sondern neue Mobilitätskonzepte und keine „grüne“ Treibstoffe, sondern weniger Transport“, sagt Kravina. „Sustainability ist kein Slogan, sondern die erlebte Erkenntnis, dass ökonomische Entscheidungen nur dann langfristig zu positiven Ergebnissen führen können, wenn sie auch ihre Wirkung auf die Gesellschaft und Umwelt berücksichtigen. Alles andere ist Greenwashing.“
Trotz Krise Verdoppelung des Umsatzes
Und deswegen wird nicht nur mit Hilfe des Windes transportiert, sondern auch nachhaltig eingekauft. Durch den Direkteinkauf der Kaffeebohnen fallen Zwischenhändler oder Importeure weg, und das Geld landet direkt bei den Bauern und deren Kooperativen. Klar ist auch, dass die COVID-Krise für Turbulenzen sorgte. „Reiserestriktionen und Lockdowns haben uns auch beim Schiffsbau ganz schön zurückgeworfen. Und: Wir richten unser Angebot besonders an die Biohotellerie und Gastronomie“, sagt Kravina. „Die Absatzmärkte sind stark eingebrochen, und die Akquisition neuer Kunden so gut wie unmöglich geworden. Und trotzdem haben wir es geschafft, unsere Umsätze jährlich zu verdoppeln.“
Bei der Bewältigung der Krise war die Erste Bank für Brigantes der starke Partner. Denn bereits zugesagte Investitionen von privaten Risikokapitalgebern wurden kurzerhand abgesagt. „Es wurden bereits zugesagte Investitionen zurückgezogen, weil die Investoren das Geld für die Rettung der eigenen Unternehmen brauchten. Umso wichtiger war für uns das Einspringen der Erste Bank“, sagt Kravina. „Endlich eine Bank, bei der man das Gefühl hat, sie ist wirklich da, wenn man sie braucht, und zwar ganz unabhängig vom Ergebnis der Kreditverhandlungen.“
Plasticpreneur:
Wie aus Plastikabfall Gutes wird
Plastik recyceln, um daraus nützliche oder sogar lebenswichtige Gegenstände für den Alltag zu machen: Dafür steht das niederösterreichische Startup Plasticpreneur (auch bekannt unter dem Firmennamen Doing Circular) seit Anfang 2020. Als junges Unternehmer wollen die Gründer Raphaela Egger, Sören Lex, Florian Mikl und Boris Rauter auf alle ESG-Kriterien (Environmental, Social & Governance) einzahlen und haben dafür bereits große Preise wie zuletzt den TRIGOS für „Internationales Engagement“ gewonnen.
„Wir haben im Jänner 2020 gegründet – kurz vor Beginn der COVID-Krise“, sagt Raphaela Egger vom Plasticpreneur-Team. „Aber anstatt die Köpfe in den Sand zu stecken, haben wir die Köpfe zusammengesteckt und im April 2020 innerhalb von nur 48 Stunden eine Gesichtsschutzmaske aus recyceltem Kunststoffmüll entwickelt, die man mit unseren Maschinen herstellen kann. Wir haben einfach weiter gearbeitet, entwickelt, zusammengehalten – und vieles dabei auch digitalisiert, weil Reisen nur noch eingeschränkt möglich war.“ Das Projekt wurde zum Erfolg – mit Hilfe von mobilen Kunststoff-Recyclingmaschinen wurden mittlerweile mehr als 100.000 Stück lokal und selbstständig hergestellt.
Werkzeuge für ein neues Handwerk
Anstatt aber nur selber zum Plastik-Recycler zu werden, hat Plasticpreneur eine neuartige Herangehensweise gewählt und sich auf die Entwicklung, Herstellung und Bereitstellung von benutzerfreundlichen, mobilen und leicht zu reparierenden Kunststoffrecycling-Maschinen spezialisiert. In Kombination mit Schulungen helfen sie anderen Menschen, etwa in Dritte-Welt-Ländern, selbst Unternehmer in der Kreislaufwirtschaft zu werden. „Wir machen bewusst, dass Kunststoffabfall einen wertvollen (Sekundär-)Rohstoff darstellt, der im Sinne einer Circular Economy sehr gut wieder in einen Kreislauf eingefügt werden kann. Die Umwelt wird von Müll befreit und verhindert, dass Kunststoffmüll verbrannt, deponiert oder in Flüsse, Seen oder Meere gelangt“, sagt Egger.
„Durch die möglichst breite Einbeziehung der lokalen Bevölkerung in die Wertschöpfungskette des Kunststoffrecyclings, die weit über das Müllsammeln und dessen Verkauf an die Industrie hinausgeht, können Beschäftigungs- und Ausbildungsplätze geschaffen werden, wodurch in weiterer Folge wiederum Einkommen generiert und die eigene sowie gegebenenfalls familiäre Lebensqualität gesteigert werden kann.“
Im besten Fall ermöglicht Plasticpreneur das, was der Name verspricht: die Entstehung neuer Social und Environmental Businesses, Projekte und Initiativen entstehen, indem Unternehmern Zugang zu einem neuen Handwerk bekommen. In Österreich hat das aufstrebende Sustainability-Startup die Erste Bank als starken Partner gefunden, mit deren Support und Beratung man „sehr happy“ ist.
Smoney:
Die Wiederbelebung alter Smartphones
Für viele junge Menschen gehört es mittlerweile zum Lifestyle: Anstatt sich das immer neueste iPhone zu kaufen, greifen sie lieber zu generalüberholten Geräten, die genauso gut funktionieren und gleichzeitig viel günstiger zu haben sind. Während große Online-Marktplätze wie Refurbed und Back Market Millionen Kunden bedienen, sind es kleine Firmen im Hintergrund, die für „Refurbished Hightech“ sorgen.
Ein Startup ist Smoney, kurz für „save money“, das von den Zwillingsbrüdern Ernst und Christian Wöber gegründet wurde. „Wir setzen uns zum Ziel, die Welt nachhaltig zu verbessern. Dafür „refurbishen“ wir täglich Elektronikartikel wie Smartphones, Tablets oder auch Notebooks“, sagt Ernst Wöber. „Unter refurbishen verstehen wir das Reparieren von Geräten unter Einhaltung strenger Qualitätsstandards, Verwendung von zertifizierten Ersatzteilen und anschließender Produkttestung. Nur so ist es uns möglich, eine Garantie von 12 bis 36 Monaten auf all unseren Elektronikartikel zu gewährleisten.“ Verkauft werden die Geräte über die erwähnten Online-Marktplätze.
Online-Shopping lässt Bäume sprießen
Während viele andere Firmen in der COVID-Krise in die Knie gingen, war für Smoney die Zeit gekommen. „Da wir unsere Produkte lediglich online verkaufen, hat uns die COVID-Krise überhaupt nicht getroffen. Im Gegenteil konnten wir eine steigende Nachfrage verzeichnen, da der stationäre Handel vorübergehend schließen musste“, sagt Wöber. Der massive Trend zu mehr Sustainability kommt dem jungen Startup entgegen.
„Da wir die Kreislaufwirtschaft vorleben, ist es uns ein großes Bedürfnis, unsere „Lebenseinstellung“ auch an immer mehr Personen weiter zu geben“, so der Gründer weiter. Mit dem Geschäftsmodell könne man gar nicht anders als nachhaltig zu sein. „Da unser Geschäftsmodell aber praktisch darin besteht, defekte Produkte zu reparieren, ist es uns nicht möglich, „nichts Gutes“ für die Umwelt zu leisten. Außerdem pflanzen wir jährlich tausende von Bäumen und wirken so dem Klimawandel direkt entgegen.“
Als starken Partner haben die Gründer-Brüder die Erste Bank und ihr GründerCenter gefunden, die ihr nachhaltiges Geschäftsmodell unterstützen. Wöber: „Die Kooperation läuft einwandfrei. Wir sind vom Tempo und von der Umsetzung unserer Anfragen stets begeistert. Dank dieser Eigenschaften konnten wir bereits zahlreiche Ziele wie Umsatzsteigerung, Steigerung der Kundenzufriedenheit sowie Einführung interner Qualitätsstandard sowie deren Prüfung umsetzen.“