Wasserkraft

Lünerseewerk II: Wo es bei Österreichs größtem Pumpspeicherkraftwerk hakt

Stausee Lünersee in Vorarlberg. © Marcus Ganahl on Unsplash
Stausee Lünersee in Vorarlberg. © Marcus Ganahl on Unsplash
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1.000 MW Turbinenleistung, Kosten von zwei Milliarden Euro – und voraussichtlich eine Fertigstellung im Jahr 2037. Das Projekt Lünerseewerk II des Vorarlberger Energieversorgers illwerke vkw AG ist ein Megaprojekt in vielerlei Hinsicht. Soll es doch das größte Pumpspeicherkraftwerk Österreichs werden, einen „wesentlichen Beitrag zur europäische Energiewende“ machen und dann, wenn Solar- und Windenergie besser ausgebaut sind, die „größte natürliche Batterie Mitteleuropas“ sein, um Energie in rauen Mengen (bis zu 230 GWh) zu speichern.

Aber 2037? Ist das nicht viel zu spät, angesichts der sich beschleunigenden Klimakatastrophe, die nach dem raschen Zubau Erneuerbarer Energien schreit? „Wir müssen die Genehmigungsverfahren auf zwei Jahre verkürzen, dann könnten wir 2034 in Betrieb nehmen“, sagt Helmut Mennel, Vorstandsmitglied der illwerke VKW. Er ist mit seinem Kollegen  Christof Germann sowie mit (Noch?-)Landeshauptmann Markus Wagner nicht nur nach Wien gereist, um das Megaprojekt am Donnerstag Abend vor Journalist:innen vorzustellen. Es geht auch darum, bei der Regierung die zwei Ansagen zu machen: Wir brauchen eine schnellere Genehmigung. Und: Finger weg von unseren Übergewinnen.

50 Prozent des Stroms für Deutschland

Aber der Reihe nach. Das Lünerseewerk II ist ein Projekt der Extraklasse und soll zu einem Vorarlberg, zum anderen den deutschen Strommarkt (50/50) mit Grünstrom versorgen – im Nachbarland soll EnBW (Energie Baden-Württemberg AG) 50 Prozent des produzierten Stroms vermarkten. Ostösterreich mit den großen Ballungszentren hat also nichts von dem Wasserkraftwerk, der Vorarlberg nahe und riesige deutsche Strommarkt traditionell aber schon.

Das Lünerseewerk II soll das schon bisher zur Energieerzeugung verwendete Wasser des Lünersees im Brandnertal nutzen. Dazu soll Pumpspeicherkraftwerk über einen unterirdischen Stollen in das im Berginneren konzipierte Krafthaus in unmittelbarer Nähe der Umspannanlage Bürs nahe Bludenz angebunden werden. Die beiden Stauseen (einer oben auf 2.000 Meter Höhe, eben der Lünersee, und einer unten nahe Bürs) sind schon vorhanden. Sie werden dann durch Pumpe und Turbine im Berg verbunden. Die Turbine produziert Strom durch fallendes Wasser vom Berg, die Pumpe bringt das Wasser wieder hoch auf den Berg (nein, kein Perpetuum Mobile).

Pumpspeicherkraftwerke gelten als gut im Zusammenspiel mit Wind- und Sonnenkraft. Wenn die beiden Erneuerbaren kräftig Strom produzieren, dann kann Wasser nach oben gepumpt werden, wenn „Dunkelflaute“ erscheint (keine Sonne, kein Wind), dann kann in wenigen Sekunden die Turbine angeworfen werden und Energie aus Wasserkraft fließen.

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„Minimale Eingriffe in die Natur“

„Die gesamte Anlage wird sich im Berg befinden“, sagt Mennel. „Es sind keine zusätzlichen Wasser-Ressourcen notwendig, die Anlage ist ökologisch sehr verträglich, es gibt nur minimale Eingriffe in die Natur.“ Warum dauert es dann 15 Jahre, bis das Lünerseewerk II endlich Strom produzieren bzw. Energie speichern kann? Hauptsächlich wegen der Genehmigungsverfahren. 2 Jahre für die Projektentwicklung, dann fünf Jahre Genehmigungsverfahren, dann sieben Jahre Bau – und schon findet man sich im Jahr 2037 wieder.

„2037 – das dauert zu lange. Da ist deutlich mehr Tempo gefragt. Man sollte von fünf Jahren auf zwei Jahren Gegehmigungsverfahren kommen“, so Landeshauptmann Wallner, gegen den derzeit eine Untersuchung wegen eines Vorwurfs wegen Vorteilsannahme (Gegenleistungen für Inserate in der mittlerweile eingestellten Zeitung des Wirtschaftsbunds) läuft. Auch bemerkenswert: Im Juni 2023 endet die fünfjährige Vorstandsperiode des technischen Vorstandsmitgliedes der illwerke vkw (Mennel) – und in der Frage um die Nachfolge ist sogar Wallners Name gefallen. Er dementierte die Kandidatur aber.

Genehmigungsverfahren dauern lange

Auch wenn betont wird, dass die Eingriffe in Natur und Umwelt für das Kraftwerk minimal seien – durch die Genehmigungsverfahren muss das Projekt trotzdem durch. Zum Vergleich: Das Pumpspeicherkraftwerk Nante de Drance in der Schweiz kostete in 14 Jahren Bauzeit 2,2 Milliarden Franken. Ein Prozent des Betrags wurde für Naturschutzprojekte ausgegeben – das sind 22 Millionen Schweizer Franken. Gegenüber Trending Topics sagt Mennel, dass es auch beim Lünerseewerk II Naturschutzprojekte in „ähnlicher Höhe“ finanziert werden sollen. Das wären etwa 20 Millionen Euro.

Die Vorarlberger rühren also kräftig die Trommel für ihr neues Pumpspeicherkraftwerk. „Pumpspeicherkraftwerke sind ganz besonders geeignet, um Schwankungen von Wind und PV auszugleichen, kein anderer Kraftwerkstyp kann das bieten“, sagt Germann. Man wolle mit dem Lünerseewerk von der „Regionalliga in die Champions League“ aufsteigen. Und man zeigt sich stolz, dass man die 2 Milliarden selbst finanzieren kann. Eine Milliarde soll über Eigenmittel kommen, die zweite Milliarde am Kapitalmarkt beschafft werden, Förderungen (aus Wien) brauche man keine.

Finger weg von den Übergewinnen

Aber ums Geld geht es am Ende, wie könnte es anders sein, dann schließlich doch. Und zwar um die Über- bzw. Zufallsgewinne, die die österreichische Bundesregierung sich von den Energiekonzernen holen will, möglicherweise sogar rückwirkend. Am Freitag vormittag wollen Vizekanzler Kogler (Grüne) und Finanzminister Brunner (ÖVP) ihr Modell vorstellen.

Wallner will verhindern, dass die die illwerke viel bezahlen müssen. „Kommt eine Besteuerung von Übergewinnen, dann sind Kraftwerke mit Speichermöglichkeiten, insbesondere Pumpspeicher, davon auszunehmen.“ Man wird bereits am Freitag sehen, wie laut Wallners Stimme in Wien noch gehört wird.

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